Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach am Freitag von «technischen Problemen» infolge einer Empfehlung der EU, nach der erzwungenen Landung einer europäischen Passagiermaschine in Belarus den Luftraum über der ehemaligen Sowjetrepublik zu meiden. «Die Luftfahrtbehörden arbeiten in diesen Tagen angestrengt daran, sie zu beseitigen.» Der Fall sorgt seit Beginn der Woche international für Schlagzeilen.
Die Luftfahrtbehörde Rosawiazija teilte mit, die Genehmigung anderer Routen dauere derzeit aufgrund vieler Anfragen länger. Binnen 24 Stunden hätten aber insgesamt 53 Maschinen Russland auf neuen Routen anfliegen können. Zuvor hatte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell gesagt, er wisse nicht, ob es sich um Einzelfälle handele oder eine allgemeine neue Regelung der russischen Behörden, um europäische Flugzeuge zu zwingen, über Belarus zu fliegen.
Die russischen Behörden hatten erklärt, dass es sich bei einzelnen betroffenen Verbindungen um Sonderverbindungen handele. Deutschland, das mit Russland einen regulären Flugverkehr wieder aufgenommen hatte, war von den Problemen nicht betroffen.
Die Europäische Union hatte als Antwort auf die erzwungene Landung einer Ryanair-Maschine und die Festnahme des Regierungskritikers Roman Protassewitsch ein neues Sanktionspaket gegen Belarus verhängt. Darüber hinaus wurden Fluggesellschaften mit Sitz in der EU aufgefordert, den dortigen Luftraum zu meiden.
Russland verweigerte daraufhin europäischen Airlines vereinzelt alternative Routen nach Moskau. Nach Angaben der französischen Fluggesellschaft Air France musste am Freitag ein Flug aus Paris annulliert werden - wie bereits am Mittwoch. Air France gab an, dass der Flug wegen einer «neuen Genehmigung der russischen Behörden zur Einreise in ihr Hoheitsgebiet» gestrichen werden musste. Auch die Lufthansa-Tochter Austrian Airlines musste einen Flug absagen. Am Freitag konnte sie aber wieder von Wien nach Moskau fliegen.
«Die Situation ist in der Tat aussergewöhnlich», sagte Kremlsprecher Peskow nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax. Es handele sich aber um einen rein technischen Vorgang. Die französische Pilotengewerkschaft SNPL hatte zuvor beklagt, dass solche Anfragen normalerweise sofort akzeptiert würden. Die Moskauer Tageszeitung «Kommersant» berichtete, die Flugstreichungen hätten auch bei russischen Fluggesellschaften für Verwirrung gesorgt.
In Sotschi am Schwarzen Meer stand am Freitag noch ein Treffen des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko mit Kremlchef Wladimir Putin auf dem Programm. Thema waren auch die Folgen der Sanktionen von EU und USA sprechen, die Belarus wirtschaftlich zu schaffen machen. Schon jetzt steht Minsk mit Milliardenbeträgen bei Moskau in der Kreide. Dessen ungeachtet hatte Putin zuletzt immer wieder betont, Lukaschenko weiter zu unterstützen. Belarus hängt wirtschaftlich am Tropf Russlands. Es ist bereits das dritte Treffen der beiden Politiker in diesem Jahr. (SDA)