Menschen mit syrischen, irakischen und jemenitischen Pässen dürften bis auf Weiteres keine Tickets mehr kaufen und nicht mehr an Bord gehen, teilte die zivile Luftfahrtbehörde der Türkei am Freitag mit. Nach EU-Angaben gibt es auch ein Verbot, One-Way-Tickets für Flüge aus der Türkei in die belarussische Hauptstadt Minsk zu verkaufen.
Die Europäische Union hatte zuvor Strafmassnahmen gegen Fluggesellschaften angedroht, die Migranten mit der Absicht der illegalen Einreise in die EU nach Belarus befördern.
Vor allem an der Grenze zwischen Belarus und Polen war die Lage am Freitag weiter äusserst angespannt. Tausende Menschen aus Ländern wie Syrien oder dem Irak sollen dort auf belarussischer Seite auf eine Chance warten, illegal die Grenze zur EU zu überqueren.
Die EU hofft, dass durch die neuen Massnahmen der Türkei der Zustrom von Menschen aus armen oder konfliktreichen Ländern nach Belarus deutlich verringert werden kann. Sie sehen nach Angaben aus Brüssel auch vor, dass die staatliche belarussische Fluggesellschaft Belavia nicht mehr das Netzwerk von Turkish Airlines für den Mittleren Osten nutzen kann, um Reisende über Istanbul nach Belarus zu fliegen.
Der Führung in Minsk wird von der EU vorgeworfen, gezielt Migranten ins Land zu holen, um sie dann zur Weiterreise in die EU an die Grenze zu Polen zu bringen. Die Vermutung ist, dass sich Machthaber Alexander Lukaschenko damit für Sanktionen rächen will, die die EU wegen der Unterdrückung der Zivilgesellschaft und der demokratischen Opposition erlassen hat.
Neben Polen ist auch Deutschland stark von den Entwicklungen betroffen. Dies liegt daran, dass ein Grossteil der Migranten, der es über die Grenze nach Polen schafft, nach Deutschland weiterreist.
Die Lage an der polnisch-belarussischen Grenze hat sich seit Wochenbeginn dramatisch verschlechtert, als Tausende Migranten sich von belarussischer Seite aus auf den Weg in Richtung EU machten. Polnische Sicherheitskräfte schritten nach nicht unabhängig überprüfbaren Polizeiangaben auch am Donnerstagabend und Freitag mehrfach ein, um illegale Grenzübertritte zu verhindern.
In der Nähe des Ortes Kuznica hätten belarussische Soldaten versucht, eine rund 35 Menschen zählende Migrantengruppe gewaltsam über die Grenze zu drängen, zitierte die Agentur PAP den örtlichen Polizeisprecher Tomasz Krupa. Unter den Migranten waren demnach überwiegend Frauen und Kinder. Rund 15 000 polnische Soldaten bewachen laut Verteidigungsministerium inzwischen die östliche EU-Aussengrenze zu Belarus.
Tragische Szenen gab es am Freitag am Istanbuler Flughafen. Nach Augenzeugenberichten wurden dort mehrere Menschen aus den Schlangen vor den Schaltern gezogen. Ein kurdischer Iraker beklagte sich bei einer Journalistin etwa, er könne nun nicht nach Belarus reisen, habe aber all sein Hab und Gut bereits verkauft.
EU-Ratspräsident Charles Michel bedankte sich unterdessen auf Twitter bei den türkischen Behörden für ihre «Unterstützung und Zusammenarbeit». Diplomaten räumten jedoch ein, dass die Zugeständnisse Ankaras erst nach der Einigung der EU-Staaten auf ein neues Sanktionsinstrument gegen Beteiligte an illegalen Schleuseraktivitäten erzielt wurden. Es soll am kommenden Montag bei einem EU-Aussenministertreffen formell beschlossen werden. Im nächsten Schritt könnten dann konkrete Strafmassnahmen verhängt werden.
Druck übte die EU zuletzt unter anderem auf Fluggesellschaften wie Royal Air Maroc, Emirates, Air Arabia, Etihad, Egypt Air, Flydubai und Iraqi Airways aus. Sie alle seien zuletzt kontaktiert worden und hätten erklärt, dass sie gegen jede Form von Menschenhandel seien, erklärte ein Kommissionssprecher am Freitag.
Zumindest keine schlechten Nachrichten für die EU kamen am Freitag auch aus Russland. Das Land garantierte sichere Energielieferungen, nachdem Lukaschenko zuvor gedroht hatte, über Belarus laufende Gaslieferungen zu blockieren.
«Russland war, ist und wird immer ein Land sein, das seine Verpflichtungen zur Gasversorgung der europäischen Verbraucher erfüllt», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Die «zuverlässigen Lieferungen» erfolgten unabhängig von den Handlungen Minsks.
Das dortige Aussenministerium warnte am Freitag die EU erneut vor Strafmassnahmen und drohte eine «harte Reaktion» an.
(SDA)