Dem Polizisten Christopher S. wird nach dem Recht des Bundesstaats Michigan Mord zweiten Grades vorgeworfen, was maximal mit lebenslänglicher Haft bestraft werden kann, wie der zuständige Staatsanwalt Christopher Becker am Donnerstag erklärte. Nach deutschem Recht entspräche Mord zweiten Grades eher einem Totschlagsdelikt.
Von hinten in den Kopf geschossen
Der Polizist hatte Patrick Lyoya, der mit seiner Familie einst aus dem Kongo geflohen und in die Vereinigten Staaten gekommen war, am 4. April im Streit nach einer Verkehrskontrolle in der Stadt Grand Rapids erschossen.
Der Beamte hatte den 26-Jährigen zunächst wegen einer Unregelmässigkeit an dessen Nummernschild angehalten. Die beiden gerieten dann in eine körperliche Auseinandersetzung, an dessen Ende der Polizist Lyoya von hinten in den Kopf schoss, während dieser unter ihm am Boden lag. Dies ging aus Videoaufnahmen der Szene hervor, die die Polizei nach dem Vorfall veröffentlichte. Nach Angaben der Polizei wurde bei Lyoya keine Waffe gefunden.
Ein Anwalt von Lyoyas Familie, Ben Crump, begrüsste die Entscheidung, den Polizisten anzuklagen, als «entscheidenden Schritt in die richtige Richtung». Der Beamte müsse «für seine Entscheidung, den unbewaffneten Patrick zu verfolgen und ihm letztlich in den Hinterkopf zu schiessen und ihn zu töten, zur Rechenschaft gezogen werden - und das für nichts weiter als eine Verkehrskontrolle», erklärte Crump über Twitter.
Tödliche Polizeieinsätze in den USA
In den USA kommt es in trauriger Regelmässigkeit zu tödlichen Polizeieinsätzen ähnlicher Art. Stellvertretend steht dafür der Fall von George Floyd: Im Mai 2020 war der Afroamerikaner bei einem brutalen Polizeieinsatz in Minneapolis ums Leben gekommen. Videos dokumentierten, wie Polizisten den unbewaffneten Mann zu Boden drückten. Der weisse Beamte Derek Chauvin presste dabei sein Knie gut neun Minuten lang auf Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Der Fall führte damals zu landesweiten Protesten gegen Polizeigewalt und Rassismus. (SDA)