Befreit aus der Hand philippinischer Extremisten
Schweizer Geisel tötete seinen Bewacher

Der vor fast drei Jahren auf den Philippinen entführter Schweizer Lorenzo V. (49) ist frei. Bei einer Schiesserei entriss der Vogelkundler seinem Bewacher ein Buschmesser und tötete ihn.
Publiziert: 06.12.2014 um 07:31 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 11:40 Uhr
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Verletzt, aber in stabilem Zustand: Lorenzo V. kann sogar auf eigenen Beinen ins Spital gehen.
Foto: Keystone

Er ist schwach und ausgemergelt. Und doch ist die Freude hör- und spürbar: Lorenzo V. (49) gab wenige Stunden, nachdem er aus dem Camp der Abu-Sayyaf-Rebellen flüchten konnte, ein erstes Interview: «Ich bin so dankbar!», sagte er.

«Ich bin froh, dass ich nicht mehr im Wald sein muss», so V. weiter. «Ich möchte Weihnachten mit meiner Familie verbringen. Das ist mein grösster Wunsch.»

Am 1. Februar 2012 war Lorenzo V.*  zusammen mit einem Niederländer Ewold H.* (52) auf den Philippinen entführt worden - jetzt ist es dem Schweizer nun gelungen, aus den Fängen der Terrorgruppe Abu Sayyaf zu entkommen. Es war eine dramatische Flucht!

Lorenzo V. hat seinen Bewacher getötet

Der Schweizer war während eines Schusswechsels zwischen den Rebellen und Regierungstruppen im Hinterland des Ortes Talipao entkommen. Fünf Rebellen seien bei der Offensive getötet worden, gab das Militär bekannt.

Laut Berichten in philippinischen Medien hat Lorenzo V. während seiner Flucht einen seiner Bewacher getötet. Maria Rowena Muyuela, Sprecherin der Militärverwaltung von Westmindanao, sagte zum «Mindanao Examiner», V. habe einem Rebellen-Anführer namens Juhurim Hussien die Machete entrissen und ihm diese ins Genick geschlagen.

Dann sei er entkommen – obwohl die Rebellen auf ihn schossen  – und habe sich versteckt, bis er von Soldaten gefunden wurde.

Ewold H. konnte heute nicht fliehen. Er sei zu krank und schwach, wie Militärkommandant Allan Arrojado sagte. Lorenzo V. sagt: «Er hat Rücken- und Zahnprobleme. Es war seine Entscheidung dort zu bleiben.»

V. liegt verletzt im Militärspital

Nach Angaben des Schweizer Botschafters Ivo Sieber in Manila wurde Lorenzo V. bei dem Feuergefecht verletzt und wird in einem Militärspital behandelt.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bestätigte am Samstag die philippinischen Angaben und zeigte sich erleichtert. Der Gesundheitszustand des Schweizers sei «den Umständen entsprechend gut». Das EDA bedankte sich zudem bei den philippinischen Behörden.

Bilder auf philippinischen Medien zeigen V. mit einem dicken Verband auf der Wange. Der Schweizer wurde mit einem Helikopter ins Camp Bautista Station Hospital in Jolo City geflogen.

Sehr erleichtert zeigte sich auch die Lorenzo Vs. Frau Yvonne: «Ich freue mich einfach sehr, dass er wieder zurück kommt», sagte sie zu Tagesanzeiger.ch/Newsnet. Gemäss EDA ist die Ausreise des Schweizers noch vor den Weihnachtstagen geplant.

Der St. Galler Lorenzo V., ein Vogelkundler und Tierpräparator, war im Februar 2012 zusammen mit dem Holländer Ewold H. in die abgelegene Provinz Tawi-Tawi gereist, um  einen seltenen Nashornvogel zu fotografieren.

Entführung auf dem Boot

Bewaffneten kaperten das Boot der beiden und übergaben sie später der radikalislamischen Gruppe Abu Sayyaf. Die Geiseln wurden auf der Insel Jolo in der Unruheregion rund 1000 Kilometer südlich der Hauptstadt Manila festgehalten.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Entführung war in der Schweiz eine interdepartementale Task Force gebildet worden. Neben dem EDA waren auch die Bundespolizei Fedpol, der Nachrichtendienst NDB, die Bundesanwaltschaft und die Kantonspolizei St. Gallen darin vertreten.

Das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) bedankte sich bei den philippinischen Behörden. Es spreche «speziell den philippinischen Streitkräften seinen Dank für ihr Engagement in diesem Fall aus», heisst es in einer Mitteilung.  (SDA/bih)

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