Bayer kandidiert als Juncker-Nachfolger
Schweiz-Versteher will an die EU-Spitze

Der bayerische CSU-Politiker Manfred Weber möchte EU-Kommissionspräsident werden. Sein Ziel: die EU umkrempeln. In der Schweiz schöpft man Hoffnung.
Publiziert: 06.09.2018 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 15.10.2018 um 11:19 Uhr
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Beantwortete in Brüssel Fragen des «achten Bundesrats» von BLICK: Manfred Weber mit Roland Mahler.
Foto: Joseph Khakshouri
Guido Felder

Ein bayerischer CSU-Politiker will sich das mächtigste EU-Amt schnappen und Europa umkrempeln: Manfred Weber (46) hat gestern angekündigt, für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten zu kandidieren und den abtretenden Jean-Claude Juncker (63) abzulösen.

Weber sparte gestern nicht mit Kritik an der heutigen EU. Vor den Medien sagte er: «Europa braucht einen Neuanfang und mehr Demokratie.» Er wolle helfen, Europa zurück zu den Menschen zu bringen. «Es geht heute um die Selbstbehauptung Europas und die Verteidigung unserer Werte, weil wir von aussen und innen angegriffen werden. Es geht um das Überleben unseres europäischen Lebensstils.»

Für Verhüllungsverbot

Seit vier Jahren ist Weber im EU-Parlament Chef der Europäischen Volkspartei (EVP), die mit 219 der 751 Sitze die grösste Fraktion bildet. Weber sorgte diesen Sommer dafür, dass 30'000 Jugendliche zum 18. Geburtstag ein Interrail-Ticket geschenkt erhalten, damit sie die EU-Länder kennenlernen können.

Der studierte Ingenieur, der bei seiner Kandidatur von Kanzlerin Angela Merkel (64) unterstützt wird, vertritt konservative Werte. Er ist unter anderem Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken und setzt sich für ein Verschleierungsverbot ein.

«Weber kennt die Schweizer Anliegen»

Weber wäre für die Schweiz eine gute Wahl. Davon ist CVP-Präsident Gerhard Pfister (55) überzeugt. «Er hat als CSUler eine Affinität zu einem Europa der Regionen, des Föderalismus und zu weniger Zentralismus. Die Selbstbehauptung Europas und Verteidigung unserer Werte sind bei ihm nicht bloss Floskeln, sondern echte Anliegen.»

Auch wenn der EU-Kommissionspräsident nicht alleine über ein Rahmenabkommen bestimmen könne, würde Weber Verständnis für die Anliegen und insbesondere die Rolle der Schweiz mitbringen.

Manfred Weber äusserte sich schon vor vier Jahren im BLICK zur EU. Im Rahmen der BLICK-Aktion «Der achte Bundesrat» besuchte ihn ein Reporterteam in seinem Büro im EU-Parlament in Brüssel.

Weber sagte damals über die EU: «Klar gibts Mängel, aber die Vorteile werden zu wenig hervorgehoben – etwa dass wir Europa stabilisieren. Nur gemeinsam können wir grosse Probleme bewältigen. Wir sitzen alle im gleichen Boot.»

Gute Wahlchancen

Noch gilt es für Weber, zwei Hürden zu überwinden. Als Erstes muss er am Parteitag der EVP vom 7./8. November in Helsinki offiziell zum Spitzenkandidaten bestimmt werden. Als weitere mögliche Bewerber in der EVP gelten der französische Brexit-Verhandlungsführer der EU, Michel Barnier (67), und der ehemalige finnische Regierungschef und Finanzminister Alexander Stubb (50). Danach braucht es noch die Wahl durch das EU-Parlament, das im Mai 2019 neu bestellt wird.

Als Vertreter der voraussichtlich erneut stärksten Fraktion darf sich der Schweiz-Versteher schon heute grosse Chancen auf das höchste EU-Amt ausmalen. 

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