Die Statistik ist erschreckend: Während die Zahl der Morde in vielen Teilen der Welt kontinuierlich zurückgeht, geht die Entwicklung in Lateinamerika und der Karibik in die entgegengesetzte Richtung.
Seit Jahren schnellt die Mordrate in Staaten wie Venezuela, Guatemala und Honduras in die Höhe. Das mit Abstand blutigste Land der Welt ausserhalb von Kriegsgebieten ist aber El Salvador: 105 Morde je 100'000 Einwohner passierten 2015 im kleinen Staat in Mittelamerika.
Zum Vergleich: In der Schweiz liegt die Quote bei 0,6 Morden pro 100'000 Einwohner. Die weltweite Mordrate liegt bei 6,2 Morden pro 100'000 Einwohner.
EDA warnt vor Reisen nach El Salvador
Eigentlich ist der Bürgerkrieg in El Salvador seit 1992 zu Ende. In einigen Teilen des Landes mit seinen über sechs Millionen Einwohnern herrschen jedoch bis heute kriegsähnliche Zustände.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) warnt vor Reisen in den armen mittelamerikanischen Staat. «Bei Reisen nach El Salvador ist der persönlichen Sicherheit grosse Aufmerksamkeit zu schenken. (...) Das Land kämpft mit grossen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, und die Kriminalitätsrate ist sehr hoch», heisst es auf der Webseite.
Hauptgrund für die prekäre Lage ist der 2012 zerbrochene Waffenstillstand zwischen den zwei grössten Gangs: Mara Salvatrucha (MS-13) und Barrio 18. Zur Zeit, als dieser noch eingehalten wurde, war die Mordrate auf etwa fünf Fälle pro Tag gesunken.
500 weitere Soldaten gegen den Banden-Terror
Die Regierung geht davon aus, dass vier von fünf Morden auf Bandenkriminalität zurückzuführen sind. Um diese zu bekämpfen, schickt sie immer mehr Soldaten auf die Strasse.
Insgesamt 13'000 Militärs sind im Inneren im Einsatz. Ziel sei es, die Polizei zu entlasten und damit weitere Kräfte für den Kampf gegen die Kriminalität zu mobilisieren, heisst es vonseiten der Regierung.
Rund 12'000 Gang-Mitglieder wurden im vergangenen Jahr verhaftet. Der linksgerichtete Präsident Salvador Sánchez Cerén, seit Juni 2014 an der Macht, hat ein Friedensabkommen seines Vorgängers mit den Maras aufgekündigt.
Und wie gestern bekannt wurde, will Sánchez Cerén noch mehr Soldaten in den Kampf gegen die Banden schicken. Über 500 Soldaten werden mit sofortiger Wirkung der Polizei unterstellt und beteiligen sich an der Verbrechensbekämpfung, verkündete der Präsident.
Ob die Polizei die Gewalt der Banden mit Gegengewalt eindämmen kann, ist fraglich. Die Leidtragenden bleiben die Menschen von El Salvador, die zwischen den Fronten leben müssen – und immer wieder dazwischen geraten. (gr)