Auf Videos ist das Ausmass der Katastrophe auszumachen: Dichte Flammen schlagen in den Himmel, und wo sie schon vorbeigezogen sind, bleiben nichts als die Skelette verkohlter Sträucher und Bäume zurück.
Mehr als 80 000 Hektar der bei Touristen aus aller Welt beliebten Welterbestätte sind schon zerstört. Das ist mehr als die Hälfte der Insel. Und jetzt bedroht das Feuer auch Ortschaften und den einzigartigen Regenwald. Experten befürchten eine ökologische Katastrophe.
Derzeit seien starke Winde das grösste Problem der Einsatzkräfte, sagte eine Reporterin am Montag im Sender 9News. «Die Crews befinden sich wirklich in einem Kampf gegen die Elemente», betonte sie. Der Brand, der wahrscheinlich Mitte Oktober von einem illegalen Lagerfeuer entfacht wurde, hatte in der vergangenen Woche wegen einer Hitzewelle neu an Fahrt gewonnen.
Fraser Island, der Name steht bei Naturliebhabern und Australienfans für türkisfarbene Regenwasser-Seen wie den Lake McKenzie, abenteuerliche Offroad-Touren entlang des 75 Mile Beach und himmelhohe Baumriesen im Valley of the Giants (Tal der Giganten). Seltene reine Dingos, Buckelwale und mehr als 350 Vogelarten leben auf der und rund um die Insel. Hunderttausende Besucher aus dem In- und Ausland kommen jedes Jahr für einen Tagestrip oder zum Campen, zudem gibt es Ferienhäuser und das luxuriöse Kingfisher Bay Resort, das schon seit Tagen von den näher kommenden Flammen bedroht wird.
Mittlerweile züngeln die Flammen in Richtung der Ortschaft Happy Valley. Etwa 40 der 50 Bewohner hätten sich entschieden, trotz der Warnungen zunächst zu bleiben, um ihre Häuser vor dem Feuer zu verteidigen, sagte der Chef der Feuerwehr von Queensland, Brian Cox. Viele von ihnen seien als freiwillige Feuerwehrleute ausgebildet. In den wenigen Ansiedlungen auf der Insel leben weniger als 200 Menschen. Nach Rainbow Beach auf dem Festland sind es nur zehn Minuten mit der Fähre, Brisbane liegt 250 Kilometer nördlich.
«Die Lage ist sehr gefährlich, und die Feuerwehrleute können das Fortschreiten der Flammen möglicherweise bald nicht mehr verhindern», teilte die Feuerwehr von Queensland mit. «Das Feuer kann eine Bedrohung für alles Leben darstellen, das sich direkt auf seinem Weg befindet.» Mit Dutzenden Bodenkräften und zahlreichen Löschflugzeugen sind sie im Einsatz, darunter ein riesiges Tankflugzeug, das der benachbarte Bundesstaat New South Wales zur Unterstützung geschickt hat. Allein am Sonntag wurden 1,3 Millionen Liter Wasser abgeworfen.
«Wir werden das Feuer heute mit allem bekämpfen, was wir zur Verfügung haben», sagte Cox am Montag. «Aber die Sanddünen, die wir so lieben, sind nur schwer zu überwinden.» Der Brand wüte grösstenteils in extrem unwegsamem Gebiet.
Elspeth Murray, die in Happy Valley lebt, sagte im australischen Fernsehen, sie habe sich mit ihren Mitstreitern auf die Feuerfront vorbereitet. Die Grundstücke rund um die Häuser hätten sie massiv mit Wasser getränkt. «Wir wissen, was wir tun.» Der Strand sei nur 200 Meter entfernt, «wir haben also einen sicheren Evakuierungsplan».
Murray erzählte, die umliegende Vegetation sei schon zerstört, und das Feuer sei durch das Gestrüpp mittlerweile auch im Valley of the Giants angekommen. Mitarbeiter der örtlichen Feuerwehr berichteten bereits von Baumriesen, die im Regenwald in Flammen stünden. Die Giganten, die im Zentrum von Fraser Island auf Sand wachsen, sind teilweise über 1000 Jahre alt. Ihnen gilt ganz besondere Sorge.
Mit einer Länge von 122 Kilometern und einer Breite von etwa 15 Kilometern ist Fraser Island die grösste Sandinsel der Erde und doppelt so gross wie Rügen. Es sei «schmerzhaft anzusehen, wie die Insel brennt», sagte Queenslands Ministerpräsidentin Annastacia Palaszczuk in der vergangenen Woche. Die Insel sei «ein Juwel in der Krone Queenslands». Die Politikerin ordnete eine Untersuchung an, die ermitteln soll, wie es zu der Katastrophe kommen konnte.
(SDA)