Damit hat Turnbull in der eigenen Fraktion offenbar keine Mehrheit mehr. Er muss mehr denn je um sein Amt fürchten.
Auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz erklärte sich der 63-Jährige bereit, am Freitag eine Sondersitzung der Fraktion abzuhalten. Damit könnte es dann zu einer Kampfabstimmung um den Posten des Partei- und Regierungschefs kommen, zu der Turnbull nach eigenen Worten nicht mehr antreten würde. Zur Voraussetzung machte er jedoch, dass eine Mehrheit der Abgeordneten seiner Partei eine solche Sondersitzung verlangt.
In Australien wird der Premierminister nicht direkt durchs Volk gewählt. Das Amt hat traditionell der Vorsitzende der Partei inne, die die Regierung führt. Der Regierungschef kann seinen Posten deshalb auch durch eine parteiinterne Vertrauensabstimmung verlieren.
Am Dienstag hatte Turnbull eine solche Abstimmung gegen seinen Rivalen Peter Dutton, den bisherigen Innenminister, noch gewonnen. Der Sieg fiel mit 48 zu 35 Stimmen aber zu knapp aus, um seine Ämter sicher behaupten zu können.
Dutton ist der Mann des konservativen Flügels. Er gilt auch als das Gesicht von Australiens harter Linie gegenüber Flüchtlingen und anderen unwillkommenen Einwanderern. Als möglicher Gegenkandidat gilt nun der Schatzmeister der Liberalen, Scott Morrison. Der 50-Jährige wird im liberaleren Flügel der Partei verortet.
«Was wir zurzeit erleben, ist ein gezielter Versuch, die Liberale Partei nach rechts zu rücken», sagte Turnbull auf der Pressekonferenz. Er sprach von einer «extremen Form des internen Aufstands», bei der ihm gewogene Parteifreunde unter Druck gesetzt und eingeschüchtert worden seien, um einen Führungswechsel zu erzwingen.
Den möglicherweise entscheidenden Schlag versetzten Turnbull drei prominente Minister, die gemeinsam ihren Rücktritt aus seinem Kabinett erklärten. Darunter war der einflussreiche Finanzminister Mathias Cormann, der aus einer Familie mit deutschen Wurzeln kommt. Cormann sagte, Turnbull habe «nicht mehr die Unterstützung der Mehrheit seiner Fraktion». Ziel müsse nun ein «ordentlicher Übergang» sein.
Als Hintermann der Revolte gilt der frühere Premierminister Tony Abbott, den Turnbull vor drei Jahren selbst aus dem Amt gedrängt hatte. In Australien hat seit 2007 kein Premierminister mehr eine volle Amtszeit durchgehalten. Seither gab es vier verschiedene Regierungschefs. In den Umfragen liegt das Regierungsbündnis aus Liberaler und Nationaler Partei deutlich hinter der Labor-Opposition.