«Sire, es ist Zeit»: Mit diesen Worten weckte der erste Kammerdiener Ludwig XIV. jeden Morgen zwischen 7.30 und 8.00 Uhr auf. Nur nicht am 1. September 1715. Denn da war Frankreichs König bereits tot. Der Monarch starb vier Tage vor seinem 77. Geburtstag um 8.15 Uhr in seinem Schlafgemach im Schloss von Versailles.
300 Jahre nach dem Tod des absolutistischen Herrschers laufen in dem von ihm errichten Barock-Palast die Feierlichkeiten auf Hochtouren - in einer Prachtentfaltung wie zu seinen Lebzeiten.
Die Ausstellung ist die erste Werkschau zu diesem Thema, wie Gérard Sabatier, einer der Kuratoren meint. Erstaunlicherweise sei nur wenig über den Tod, die Autopsie und die Beerdigung des Monarchen bekannt. Bis zum 21. Februar werden Objekte, Zeichnungen, Lithographien, Gemälde und Skulpturen gezeigt - Meisterwerke und historische Dokumente von höchster Bedeutung, wie angekündigt wird.
Ludwig XIV., der auch als Sonnenkönig in die Geschichte eingegangen ist, starb durch Wundbrand, an dem er seit Wochen schon litt. Als der Monarch am 10. August 1715 über Schmerzen am linken Bein klagte, diagnostizierte sein Arzt zunächst Ischias. Tage später jedoch begann sein Bein zu faulen.
Der angebliche Hexenschuss erwies sie als Infektionskrankheit, bei der das Gewebe langsam abstirbt. Der bourbonische Königssohn war von 1643 bis 1715 Herrscher von Frankreich und Navarra. Mit 72 Jahren auf dem Thron gilt er als das längste amtierende Staatsoberhaupt der Neuzeit.
«L'Etat c'est moi!» (Der Staat bin ich!): Den Leitsatz des Absolutismus hatte sich Ludwig XIV. zum Motto seiner Herrschaft gemacht, denn er war alleiniger Gesetzgeber, höchster Richter und oberster Kriegsherr. Als er 1661 im Alter von 22 Jahren die Regierungsgeschäfte übernahm, wollte er seine Macht mit niemandem mehr teilen.
Denn als er den Thron erbte, war er noch ein vierjähriger Junge. Kardinal Mazarin übernahm als Premierminister die Regierungsgeschäfte. Nach dessen Tod im Jahr 1661 riss Ludwig die Schalthebel der Macht an sich: Das Amt des Premierministers löste er auf, den Adel schloss er von allen Staatsgeschäften aus, und aus der Armee machte er ein Heer von Berufssoldaten. Frankreich wurde unter seiner Herrschaft zu einer der mächtigsten Nationen Europas.
Um Macht und Reichtum auch nach aussen sichtbar zu machen, liess er sich das Schloss von Versailles als königliche Residenz errichten. Dort führte er einen prunkvollen Hofstaat mit Tausenden von Adligen und Dienern. Seine verschwenderischen und ausschweifenden Feste in Versailles und seine unzähligen Maitressen trugen ebenso zu seinem Ruhm bei wie sein Streben nach Macht.
Besonders stolz war der Schlossherr auf den 73 Meter langen Spiegelsaal, in dem seine Konzerte, opulenten Diners und Bälle stattfanden. Zum 300. Geburtstag des Sonnenkönigs lässt Versailles die Festkultur des Königs wieder aufleben - mit einem Musik- und Tanzprogramm, zu dem auch Maskenbälle mit Perücke und Reifröcke gehören.
Höhepunkt ist im November die Aufführung von «Le Ballet Royal de la Nuit». In dem 1653 aufgeführten Ballettstück tanzte Ludwig XIV. mit - als Sonnengott Apollo. Denn der Monarch liebte neben Ballspielen und der Jagd vor allem den Tanz.
Ludwig XIV. folgte der Tradition der französischen Könige und tat sich als grosszügiger Mäzen und Förderer der Kunst hervor, nicht zuletzt auch, um von ihnen verherrlicht zu werden.
Den italienischen Balletttänzer und Komponisten Jean-Baptiste Lully ernannte er zum «Musikmeister der königlichen Familie», Molière spielte für ihn Theater und der Landschafts- und Gartengestalter André Le Nôtre gestaltete die Gartenanlage, zu der auch die vielen Brunnen und Wasserspiele gehören. Mit 30'000 Blattgoldfolien wurde zum königlichen Todestag der zentrale Latonabrunnen renoviert.
Als der Sonnenkönig 1715 starb, hinterliess er durch seine Ruhm- und Verschwendungssucht ein Land vor dem Staatsbankrott. Heute zählen seine Bauten zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten.
Denn neben mehreren Schlössern im Raum Paris hat er in der Hauptstadt den Invalidendom erbauen lassen, die berühmte Prachtstrasse Champs-Élysées, die Place Vendôme, wo heute das Hotel Ritz und Juweliergeschäfte ihre Adresse haben, und die Place des Victoires, die unter anderem an die Siege über Spanien und Brandenburg erinnert.