Zu Tausenden marschieren sie. In Tarnkleidern. Mit Sturmgewehren bewaffnet. Begleitet von einem gepanzerten Fahrzeug. Sie schwenken Fahnen.
Nein, es ist weder eine Militärparade, noch ist das Militär in Richmond, der Hauptstadt des US-Bundesstaats Virginia, einmarschiert. Es sind Befürworter von Selbstbewaffnung – Anhänger des zweiten Zusatzartikels der US-Verfassung. Gegner von strikteren Waffen-Gesetzen.
Unter massiven Sicherheitsvorkehrungen haben dort am Montag Tausende Menschen gegen Verschärfungen des Waffenrechts demonstriert, wie «BBC» schreibt. Gouverneur Ralph Northam (60) hatte im Vorfeld der Proteste wegen «glaubwürdiger und ernsthafter» Gewaltandrohungen den Ausnahmezustand verhängt.
Anschläge vereitelt
Erst Ende vergangener Woche nahm die Bundespolizei FBI sieben mutmassliche Mitglieder der Neonazi-Gruppe The Base (Die Basis) fest. Sie werden verdächtigt, Gewalttaten rund um die Demonstration in Richmond geplant zu haben.
Im Sommer vergangenen Jahres kam es zu einer Schiesserei in der Stadtverwaltung. Der Angreifer stürmte in das Gebäude und schoss wahllos auf die Anwesenden. Ausgang: 13 Tote und sechs Verletzte.
Im US-Bundesstaat Virginia haben die Demokraten seit November die Mehrheit. Und Verschärfungen des laschen Waffenrechts sind eines ihrer zentralen Vorhaben. Demnach soll unter anderem der Kauf von mehr als einer Schusswaffe pro Monat verboten werden. Zudem sollen die Behörden auf richterliche Anordnung hin als gefährlich eingestuften Waffenhaltern ihre Waffen wegnehmen dürfen.
Hunderte Bezirke erklärten sich zu Schutzgebieten
Gegen die Verschärfung hat sich in Virginia jedoch eine breite Protestbewegung gebildet. Mehr als hundert Bezirke und Städte erklärten sich zu «Schutzgebieten» für den zweiten Verfassungszusatz, der in den USA das Recht auf privaten Waffenbesitz garantiert.
50'000 Menschen nahmen an der Demonstration vom Montag teil. um das Regierungsgebäude in Richmond wurden Demonstranten von den Sicherheitskräften auf Waffen überprüft. Sie durften das eingezäunte Gelände, auf dem die Kundgebung stattfand, nur ohne Waffen betreten. Proteste gab es aber auch ausserhalb des eigentlichen Demonstrationsgeländes. Dort trugen einige Protestteilnehmer erlaubterweise Waffen bei sich.
Im Meer der Demonstranten wurden zahlreiche Flaggen der USA und von Virginia geschwenkt. Auf einem riesigen Banner war ein Sturmgewehr abgebildet, darunter der provokative Satz «Komm und nimm es dir».
Bis an die Zähne bewaffnet
Protestteilnehmer skandierten «USA, USA» und – mit Blick auf eine mögliche weitere Amtszeit von Präsident Donald Trump (73) – «Noch vier Jahre». Etliche Demonstranten trugen Kappen mit dem Trump-Slogan «Make America Great Again» (Mach Amerika wieder grossartig) oder «Trump 2020». Trump ist eng mit der mächtigen Waffenlobby NRA verbündet und setzt sich für eine grosszügige Auslegung des Rechts auf privaten Waffenbesitz ein.
«Es ist unser gottgegebenes Verfassungsrecht, Waffen zu tragen», sagte ein 24-jähriger Demonstrant. Der 38-jährige Justin Dorton, der militärische Tarnkleidung trug, hielt sein AR-15-Sturmgewehr hoch. Vor einer Waffe müsse man sich nicht fürchten, sagte er. Sie sei «nur ein Werkzeug».
Trump bot moralische Unterstützung
Trump sandte eine Solidaritätsbotschaft an die Demonstranten. Die Demokratische Partei in Virginia versuche, den Bürgern ihre Verfassungsrechte wegzunehmen, kritisierte Trump auf Twitter. Und schrieb mit Blick auf die Präsidentschafts- und Kongresswahlen im November: «Das ist erst der Anfang. Lasst es nicht geschehen – wählt 2020 die Republikaner.» (SDA/spr)