Aus Rücksicht auf die Kinder
IS-Schergen haben eine neue PR-Strategie

Der Islamische Staat (IS) präsentiert sich plötzlich ganz menschlich: Ab sofort wollen die Dschihadisten keine Enthauptungen mehr zeigen – offenbar aus Rücksicht auf Kinder. «Ein kaum überraschender Schachzug», sagt ein Experte.
Publiziert: 25.07.2015 um 20:03 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:39 Uhr
Bleiben uns solche Szenen künftig erspart? IS-Terrorist führt den Todeskandidaten Alan Henning vor.
Foto: Screenshot Youtube

Es sind Bilder des Grauens. Vor laufender Kamera führt ein vermummter Anhänger eine in Orange gehüllte Geisel vor, in der Hand ein Messer. Dieses legt er seinem Opfer kurz darauf an den Hals und schlitzt dessen Kehle durch.

Immer wieder haben uns derartige Aufnahmen in den vergangenen zwölf Monaten erreicht. Sie sind das grauenvolle Markenzeichen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) – und eine unmissverständliche Botschaft an dessen Feinde.

Damit soll nun Schluss aber sein. Die Dschihadisten sollen keine Videos mehr von Hinrichtungen veröffentlichen, so eine Weisung des selbsternannten Kalifen Abu Bakr al-Baghdadi.

Nicht alle IS-Kämpfer einverstanden

In einem Brief an die verschiedenen Medienabteilungen des IS begründet al-Baghdadi die neue Richtlinie damit, dass er all die Muslime, die die Szenen als zu grausam empfinden, nicht weiter brüskieren wolle. Schützen wolle man damit allen voran die Kinder.

Die Weisung al-Baghdadis stösst laut Informanten von ARA News, einer unabhängigen syrischen Nachrichtenagentur, nicht bei allen IS-Vertretern auf offene Ohren. Viele Mitglieder der Terrormiliz würden Enthauptungs- oder etwa Verbrennungs-Szenen noch immer als notwendiges Mittel ansehen, um sich Gehör zu verschaffen und die Gegner einzuschüchtern.

Nur ein Ziel: Verbreitung von Angst

Wieso also der plötzliche Kurswechsel von al-Baghdadi? Dieser Frage ging auch das US-amerikanische PR-Magazin «PR Week» nach – und widmete der anvisierten Image-Korrektur des IS kurzerhand einen Artikel.

Darin sagt der PR-Experte Chris Calland: «Die Veröffentlichung der Videos war von Beginn weg ein kalkulierter Schachzug mit nur einem Ziel: der Verbreitung von Angst. In letzter Zeit fanden die IS-Videos in den Massenmedien jedoch immer weniger Beachtung. Deshalb kommt diese Entscheidung kaum überraschend.»

Bub enthauptete syrischen Soldaten

Ob sich die IS-Barbaren an die neue Richtlinie ihres Kalifen halten werden, ist jedoch höchst fraglich. Erst kürzlich war ein Schock-Video der Terrormiliz aufgetaucht, in dem ein kleiner Bub einen syrischen Soldaten mit einem Messer enthauptet.

Klar ist: Solange der IS Kindern, die man angeblich vor den grausamen Enthauptungs-Szenen schützen will, Waffen in die Hand legt, verkommt al-Baghdadis Weisung zur Farce.

Das sieht auch der syrische Politiker Ferid Hisso so: «Statt die Veröffentlichung der Videos zu untersagen, hätte Baghdadi besser die grausamen Taten dahinter verboten», sagt er in einem Interview mit ARA News. Die Entscheidung habe nichts mit vermeintlicher Rücksicht auf die Kinder zu tun, sondern vielmehr mit der Sorge ums eigene Image. (lha/gr)

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