Die Aussenminister der EU-Mitgliedstaaten beschlossen gestern in Luxemburg, der neuen Einheitsregierung in dem vom Bürgerkrieg zerrütteten Libyen Hilfe beim Wiederaufbau der Küstenwache anzubieten. Zudem ist Unterstützung in Bereichen wie Polizeiarbeit, Terrorbekämpfung, Menschenschmuggel und Grenzschutz geplant.
«Die EU wird sicherstellen, dass ihr Beitrag im Einklang mit den Wünschen und Bedürfnissen der libyschen Behörden stehen wird», heisst es im Beschluss.
Ausbreitung des «Islamischen Staats»
Gleichzeitig wird betont, dass die Sicherheit der libyschen Grenzen auch für die Sicherheit Europas von Bedeutung sei. Im Zuge des Bürgerkrieges hatte sich in dem nordafrikanischen Land die Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS) ausbreiten können.
Nach Vorstellung der Regierung in Paris könnten die EU-Kriegsschiffe künftig auch zur Kontrolle des gegen vom Bürgerkrieg zerrütteten Libyen verhängten UNO-Waffenembargos eingesetzt werden. Damit soll die Lieferung von Kriegsgütern an den IS verhindert werden. London will zudem die libysche Küstenwache für den besseren Kampf gegen Schlepperbanden schulen.
Die im letzten Jahr zur Bekämpfung der illegalen Migration gestartete Marinemission «Sophia» ist bislang auf das Seegebiet ausserhalb der libyschen Hoheitsgewässer begrenzt. Dies führte dazu, dass die Besatzungen der beteiligten Kriegsschiffe bereits rund 13'000 in Seenot geratene Asylsuchende gerettet haben, aber gegen die an der Küste bleibenden Schlepper bislang kaum etwas ausrichten konnten.
Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier meinte, dass im Rahmen von «Sophia» gegen Schlepper «in Zukunft mehr notwendig» sein werde. Ins gleiche Horn stiess der britische Europaminister David Lidington: «Wir müssen schauen, wie wir die Mission noch effektiver gestalten können.»
100 Millionen Euro Soforthilfe
Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini hatte vor dem Treffen gesagt, es gehe nun darum, konkrete Projekte festzulegen. Zur Unterstützung der neuen Einheitsregierung in Libyen hatte sie bereits vor Monaten Soforthilfen in Höhe von 100 Millionen Euro in Aussicht gestellt.
Zudem denke die EU über eine neue zivile Mission für Libyen nach. Über diese könnten zum Beispiel die Rechtsstaatlichkeit und Terrorismusbekämpfung gestärkt werden.
Nach den Aussenministern Deutschlands, Frankreichs und Italiens besuchte gestern der britische Chefdiplomat Philip Hammond das Bürgerkriegsland. Er sprach mit dem Ministerpräsidenten der von den UNO vermittelten Regierung der nationalen Einheit, Fajis al-Sarradsch, über die Unterstützung Grossbritanniens.
Das Parlament verschob jedoch die geplante Vertrauensabstimmung über die neue Einheitsregierung auf unbestimmte Zeit. Das für Montagabend geplante Votum habe letztlich wegen «grosser Differenzen» nicht stattgefunden, sagten mehrere parlamentarier der Nachrichtenagentur AFP. Es habe lediglich Konsultationen gegeben.
Nun müsse abgewartet werden, wie sich die Dinge entwickelten, sagte der Parlamentarier Ali Tekbali. Stattfinden sollte die Abstimmung im östlichen Tobruk am Sitz des international anerkannten Parlaments. (SDA)