Papst Franziskus (82) hat bei seinem Thailand-Besuch vor ein paar Tagen den Sextourismus im Königreich kritisiert. Bei einer Predigt vor 60'000 Gläubigen in Bangkok klagte der Pontifex die Demütigung von Menschen durch Prostitution an. Er denke an die Frauen und Kinder, die auch durch Menschenhandel, Zwangsarbeit und Prostitution ausgebeutet, versklavt und missbraucht werden.
Offiziell gibt es Prostitution in Thailand gar nicht. Die Regierung behauptet immer wieder, dass selbst das einschlägige Pattaya eine perfekte Familiendestination sei. So realitätsfremd die thailändischen Behörden auch sind: Die sich beharrlich haltenden Thailand-Klischees sind eine grobe Vereinfachung.
In Thailand ist die Sexindustrie nicht grösser als andernorts und sie ist mehr oder weniger offen, während sie an den meisten anderen Orten der Welt ins kriminelle Milieu von Zuhältern und Ausbeutung gedrängt wird.
Schlechten Ruf nicht verdient
Dass Thailand seinen schlechten Ruf in Bezug auf die Sexindustrie längst nicht mehr verdient habe, das fand unlängst auch der Österreicher Michael Messner, der seit Jahren eine Reihe von Bars in Bangkoks berühmt-berüchtigter Sündenmeile Patpong betreibt.
Die rund 200 Meter lange Patpong-Strasse «kennt heute jeder», sagt Messner. «Hier in Patpong will jeder die Ping-pong-Show sehen. Aber niemand weiss wirklich, worum es bei Patpong geht.»
Deshalb eröffnete Messner Ende Oktober das Patpong-Museum zu einem der ältesten Rotlichtviertel Bangkoks, das noch auf die «R&R»-Ära im Vietnamkrieg zurückgeht, als US-Soldaten in Thailand zur Erholung «rest and recreation» suchten, Ruhe und Erholung. Mit seinem Museum will Messer nicht nur die wahre Seite der Rotlichtmeile zeigen, sondern auch das wahre Gesicht Bangkoks und Thailands.
Bereits in den 90er-Jahren betrieb Messner ein Museum in Österreich. Dann fand er das Bangkoker Nachtleben spannender. Im neu eröffneten Museum dokumentiert er die lange Geschichte von Patpong, wo in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts noch Bananenplantagen standen.
Patpong ist mehr als nur Sex
Im Zweiten Weltkrieg wurde Patpong zum Quartier japanischer Soldaten. Eine der ersten erfolgreichen Patpong-Bars, so Messner, war von einem früheren japanischen Soldaten eröffnet worden. Später zog der US-Geheimdienst CIA in Patpong ein. Auch Konzerne wie IBM, Shell und CAT hatten dort Adressen.
Während Patpong für die meisten Menschen ein Synonym für junge, schlanke Thaigirls bleibt, die sich in Sexshows und beim Pole Dancing räkeln, füllt die Sexindustrie, die Patpong berühmt machte, nur einen Teil der Ausstellung.
Messner will mit seinem Museum zeigen, dass «Patpong mehr ist als der Ruf, den es heute hat». Nirgendwo sonst auf der Welt könne an einer so kurzen Strasse so viel erlebt werden. Patpong bot auch die Kulisse in verschiedenen Hollywood-Filmen. Eine James-Bond-Verfolgungsjagd führte durch Patpong.
«Go-go-Bars interessieren niemanden mehr»
Messner will das Sexgewerbe weder verharmlosen noch sich darüber lustig machen. Doch heute ist Patpong vor allem noch die «Night Market»-Touristenmeile für gefälschte Schweizer Uhren und sonstiges Ramschshopping.
Die einschlägige Szene sei nicht mehr, was sie mal war: «Thailand und Bangkok sind so viel vielfältiger, voller Kunst und Kultur», sagt der Österreicher. «Die Go-go-Bars interessieren heute niemanden mehr. Das Internet hat das alles abgelöst.» (kes)