Einmal mehr zeigten alle auf Moskau: Präsident Wladimir Putin (65) soll am Dienstag den Mord am ukrainischen Journalisten Arkadi Babtschenko (41) angeordnet haben. Am Mittwoch dann der Knall: Der Mord war vorgetäuscht, das Bild mit dem am Boden liegenden Journalisten mit angeblich drei Schüssen im Rücken: Alles inszeniert!
Laut dem ukrainischen Geheimdienst SBU war der Mord vorgetäuscht worden, um die Täter eines wirklich geplanten Anschlags auf Babtschenko zu fassen. Tatsächlich gibt es ein Video, das zeigt, wie ukrainische Agenten einen Mann namens «G.» auf offener Strasse verhaften.
Trauerfeiern werden zu Partys
Dass Babtschenko lebt, sorgt für grosse Erleichterung. Auf der Redaktion der «Nowaja Gaseta» in Moskau, für die Babtschenko schreibt, wurde ein Gedenkstrauss auseinandergenommen – jede Mitarbeiterin erhielt eine Rose.
Gedenkfeiern in Moskau und Kiew verwandelten sich spontan in Partys. Am Haus der Journalisten in Moskau wurde ein Gedenkplakat wieder entfernt. Babtschenko vergnügte sich damit, Hunderte von Kondolenztexten über sich selbst zu lesen.
Ein gefährlicher Präzedenzfall
Neben der Erleichterung herrscht aber auch Empörung über das Vorgehen des SBU. Der frühere Oligarch Michail Chodorkowski (54), heute der prominenteste Kreml-Kritiker, findet deutliche Worte: «Schade, dass die Geheimdienste nicht an die Folgen für die Glaubwürdigkeit denken. Von der Glaubwürdigkeit hängen auch ganze Leben ab.»
Für Christophe Deloire (47), Chef von «Reporter ohne Grenzen», ist der Fake-Mord ein neuer Schritt im Informationskrieg und ein gefährlicher Präzedenzfall: «Es ist immer sehr gefährlich für eine Regierung, mit der Wahrheit zu spielen, vor allem, wenn sie ausgerechnet Journalisten für ihre falschen Geschichten benutzt.»
Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (62) wurde mit der Falschmeldung regelrecht vorgeführt. Er zeigte sich bei seinem Ukraine-Besuch «erschüttert» über den angeblichen Mord.
Unter Journalistenkollegen macht der Vorschlag die Runde, Babtschenko «die Fresse zu polieren».
Russen verweisen auf andere Beschuldigungen
Ob die Version des Ukraine-Geheimdienstes überhaupt stimmt, steht in den Sternen. Eines aber ist sicher: Die Geschichte spielt den Russen in die Hände. Sie ergreifen die Chance, auch andere unangenehme Vorwürfe als Fake abzutun – so etwa die Beschuldigung gegenüber Russland, 2014 die MH17 über der Ukraine abgeschossen oder den Agenten Sergei Skripal (66) in London vergiftet zu haben.
Der Duma-Abgeordnete Leonid Sluzki (50) sagte: «Die Kiewer Inszenierung ist eine dreckige und zynische Provokation im Stil des Falls Skripal.»
Entrüstung in Bern
Scharfe Töne kommen auch aus Bern. Der russische Botschafter in der Schweiz, Sergei Garmonin (65), sagt gegenüber BLICK auf Anfrage: «In Moskau ist man es sich schon gewohnt, dass aus Kiew tagtäglich Desinformationsströme ausbrechen. Die Mord-Inszenierung Kiews, seine erneute antirussische Provokation, überschreitet jedoch alle denkbaren Grenzen. Wir müssen erneut feststellen, dass der leichtfertige Umgang der Ukraine mit Leben und Tod sowie die Täuschung der internationalen Gemeinschaft vor allem dazu beitragen, antirussische Hysterie zu entfachen.»