Ungarn hat gestern die letzte Lücke im 175 Kilometer langen Zaun geschlossen. Auch über die bisher offenen Bahngeleise gibts kein Durchkommen mehr: Ein mit Stacheldraht überzogener Güterwagen versperrt den Weg. Hunderte Flüchtlinge traten gestern auf der serbischen Seite in den Hungerstreik und riefen: «Öffnet die Grenze!»
Ungarn hat in den beiden südlichen Bezirken Bacs-Kiskun und Csongrad den Krisenzustand ausgerufen. Wer illegal ins Land einreist, kann ab sofort bestraft werden. Wer wegen Sachbeschädigung erwischt wird, muss mit bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen. Damit wollen die Ungarn verhindern, dass der Stacheldraht zerstört wird. Innert weniger Stunden wurden gestern über 60 Migranten verhaftet.
Weil die Flüchtlinge andere Routen einschlagen werden, will Ungarn auch an der Grenze zu Rumänien einen Stacheldraht bauen. Die Flüchtlinge können nur noch über zwei im Grenzzaun eingelassene Metallcontainer einreisen.
Asylanträge sollen in Ungarn in Zukunft innert Stunden erledigt werden. Wer keinen Antrag stellt, wird umgehend zurückgeschickt.
Ungarische Helfer haben begonnen, Landkarten an die Flüchtlinge zu verteilen. Sie empfehlen ihnen alternative Routen über Kroatien im Westen. Das kann allerdings für die Migranten lebensgefährlich werden: Im Grenzgebiet von Serbien und Kroatien gibt es 20 Jahre nach dem Krieg immer noch ungeräumte Minenfelder. Tausende von Sprengkörpern sind auf einer Fläche von rund 500 Quadratkilometern vergraben.
500 Menschen wurden seit Ende des Krieges durch die heimtückischen Sprengfallen getötet. Werden es mit den Flüchtlingsströmen noch mehr werden? Es dauert noch bis 2019, die Todesfelder in mühsamer und gefährlicher Arbeit zu räumen.