Auch apostolisches Kirchenoberhaupt fordert Rücktritt des Regierungschefs
Erneute Proteste gegen Waffenstillstandsabkommen in Armenien

Aus Protest gegen das Waffenstillstandsabkommen mit Aserbaidschan sind am Dienstag erneut zahlreiche Armenier auf die Strassen gegangen. Sie forderten den Rücktritt von Ministerpräsident Nikol Paschinjan und riefen «Armenien ohne Nikol» und «Verräter».
Publiziert: 08.12.2020 um 14:41 Uhr
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Aktualisiert: 08.12.2020 um 14:58 Uhr
Nue Proteste gegen das Waffenstillstandsabkommen mit Aserbaidschan in Eriwan.

Aus Protest gegen das Waffenstillstandsabkommen mit Aserbaidschan sind am Dienstag erneut zahlreiche Armenier auf die Strassen gegangen. Sie forderten den Rücktritt von Ministerpräsident Nikol Paschinjan und riefen «Armenien ohne Nikol» und «Verräter». Die Demonstranten behinderten den Strassenverkehr in der Hauptstadt Eriwan und legten die U-Bahn lahm. Die Polizei nahm dutzende Demonstranten fest.

Auch das einflussreiche Oberhaupt der armenischen apostolischen Kirche, Katholikos Garegin, forderte am Dienstag den Rücktritt des Ministerpräsidenten. Zur Begründung verwies er auf «wachsende Spannungen in der Gesellschaft». Mehrere Oppositionsgruppen hatten dem Regierungschef bis Montag Zeit für einen Rücktritt gegeben. Als seinen Nachfolger schlugen sie den früheren Ministerpräsidenten Wasgen Manukjan vor.

Nikol Paschinjan steht wegen seiner Zustimmung zum Waffenstillstandsabkommen seit Wochen in der Kritik

Der 45-jährige Paschinjan steht wegen seiner Zustimmung zum Waffenstillstandsabkommen im Konflikt um die Kaukasus-Region Berg-Karabach seit Wochen in der Kritik. Das unter russischer Vermittlung getroffene Abkommen beendete die sechswöchigen schweren Kämpfe zwischen den verfeindeten Nachbarstaaten Armenien und Aserbaidschan.

Die am 9. November getroffene Vereinbarung zwischen Baku und Eriwan sieht vor, dass beide Kriegsparteien jene Gebiete behalten dürfen, in denen sie zu diesem Zeitpunkt die Kontrolle hatten. Dies bedeutete massive Gebietsverluste für Armenien. Dort halten die Proteste gegen die Regierung seit der Vereinbarung an. Am Samstag versammelten sich rund 10.000 Demonstranten zur bislang größten Protestaktion in Eriwan.

Berg-Karabach hatte während des Zerfalls der Sowjetunion einseitig seine Unabhängigkeit erklärt. Darauf folgte in den 90er Jahren ein Krieg mit 30.000 Toten. Die selbsternannte Republik wird bis heute international nicht anerkannt und gilt völkerrechtlich als Teil Aserbaidschans. Sie wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt. Die Kämpfe waren Ende September wieder voll entbrannt. Während des Konflikts wurden nach Angaben von Armenien und Aserbaidschan mehr als 5000 Menschen getötet.

(AFP)

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