Der Terror ist zurück in Paris. Er versetzt das Land in höchste Nervosität – kurz vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen von morgen Sonntag. Schon seit Anfang Woche war die Lage angespannt: Am Dienstag vereitelte die Polizei einen Anschlag in Marseille.
Und dann schiesst ein vorbestrafter Franzose am Donnerstagabend auf den Champs-Élysées gezielt auf Polizisten – er tötet einen Beamten, verletzt zwei weitere. Die Polizei erschiesst den Angreifer. Die IS-Terrorbande reklamiert den hinterhältigen Anschlag für sich. Und erschüttert damit den Wahlkampf-Endspurt.
Wahlkampfauftritte abgesagt
Seit den Anschlägen in Paris und Nizza ist Frankreich im Ausnahmezustand. Mehr als 50'000 Polizisten und Soldaten sollen den Urnengang am Sonntag beschützen. Dennoch spielte der Terror im Wahlkampf inhaltlich bisher eine Nebenrolle. Den Vorfall am Dienstag schlachtete nicht einmal die ultrakonservative Marine Le Pen (48, Front National) aus, als sie am Tag danach in Marseille vor 6000 Anhängern sprach.
Der jüngste Anschlag in Paris ändert das. Mehrere Kandidaten sagten gestern ihre letzten Wahlkampfauftritte ab. Das Land streitet kurz vor der Wahl erneut über die innere Sicherheit. Eine Debatte, die Le Pen gelegen kommt. So kritisierte sie die Anti-Terror-Politik der Regierung scharf: Seit zehn Jahren sei alles getan worden, damit Frankreich den «Krieg» gegen den Terrorismus verliere.
Wahlausgang völlig ungewiss
Ob der Anschlag das Wahlverhalten tatsächlich beeinflusst, ist schwer zu sagen. Weiterhin ist am Sonntag alles möglich. Die führenden Kandidaten Emmanuel Macron (39, En Marche!), Marine Le Pen, François Fillon (63, Les Républicains) und Jean-Luc Mélenchon (65, France insoumise) trennen in den Umfragen nur wenige Prozentpunkte. Weil sich aussergewöhnlich viele Wähler noch nicht entschieden haben oder sagten, sie blieben den Urnen fern, sind die Prognosen unsicher. Die grösste Überraschung wäre, wenn es morgen keine Überraschung gäbe.