Attentäter von Paris
Putschten sich die Terroristen mit Soldaten-Droge auf?

Die Attentäter von Paris haben vor den Anschlägen offenbar die Doping-Droge Captagon konsumiert. Sie vertreibt Angst und Müdigkeit und wirkt euphorisch. Der Aufputscher ist auch bei Syrien-Kämpfern beliebt.
Publiziert: 20.11.2015 um 19:05 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 19:39 Uhr
Im Hotelzimmer der Pariser Attentäter wurden Spritzen, Schläuche und Nadeln sichergestellt.
Foto: zvg
Von Nina Merli

Im Hotelzimmer der Pariser Attentäter wurden – neben Pizzaschachteln und Schokoladen-Madeleines – Spritzen, ein Nadel-Set und Plastikschläuche gefunden. Es gibt Hinweise, dass sich die Terroristen mit dem Doping-Mittel Captagon aufgeputscht haben. Es wirkt wie ein Amphetamin, putscht auf und enthemmt. Der darin enthaltene Wirkstoff Fenetyllin steht auf der Uno-Liste der gefährlichen Drogen.

Brisant: Fenetyllin wird in grossem Stil in Syrien hergestellt. Mit dem Erlös aus dem Export werden Waffenkäufe finanziert. Und das Mittel wird im Land selbst rege konsumiert. Soldaten wie IS-Schlächter sollen sich damit regelmässig scharf machen für die Kämpfe – so wie offenbar nun auch die Schlächter von Paris.

Grosser Fang: Die türkische Polizei hat zwei Tonnen Captagon beschlagnahmt.
Foto: zvg

Das Ausmass der Pillen-Produktion wurde soeben sichtbar: Diese Woche hat die türkische Polizei einen grossen Fang gemacht. Die Anti-Drogen-Einheit hat in der Provinz Hatay, im Grenzgebiet zu Syrien, zwei Tonnen Captagon beschlagnahmt. Zwei Türken und ein Syrer wurden verhaftet.

Opium für die Krieger

Betäubungsmittel werden oft in Kriegen eingesetzt. Und dies schon lange: Soldaten rüsteten sich bereits zu Zeiten von Alexander dem Grossen (356–323 v. Chr) mit Opiumkügelchen für den Kampf.

Das Schnupfen von Kokain war während des Ersten Weltkriegs insbesondere unter Piloten gang und gäbe. Der Konsum des Wachmachers galt damals noch als harmlos. Erst 1930 verbot man das weisse Pulver. Doch mit dem Wissen um die Gefahren des Kokains musste schnell ein Ersatz gefunden werden. Dieser kam in Form des Metamphetamins Pervitin (heute im Englischen bekannt als Crystal Meth). Ab 1938 wurde das Aufputschmittel der Berliner Temmler-Werke in grosser Menge an Wehrmachtsoldaten verteilt und war fortan im Dauereinsatz. Kein Wunder, denn die «Wunderpille» eliminiert Müdigkeit, fördert die Ausdauer und hebt die Stimmung.

In Vietnam auf Heroin

Wie eng Drogen und Krieg miteinander verbunden sind, wurde der Öffentlichkeit allerdings erst nach dem Vietnamkrieg bewusst: Nach Kriegsende kehrten junge US-Soldaten schwer traumatisiert heim, viele waren heroinsüchtig. Die US-Army zog ihre Lehren aus dem Vietnam-Desaster: Halluzinogene sind heute strikt verboten. Aber es ist kein Geheimnis, dass vor allem Piloten der Air Force regelmässig das synthetische Aufputschmittel Dexedrin verordnet bekommen. Lufteinsätze, die bis zu 24 Stunden dauern, sind wohl kaum ohne chemische Hilfsmittel möglich.

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