IAEA-Sondersitzung zur Iran-USA-Krise
Iran will Atomabkommen nicht nachverhandeln

(Teheran/Wien) Der Iran hat Forderungen nach Änderungen im internationalen Atomabkommen eine Absage erteilt. «Wir reden nur über das, was im Atomdeal steht ... kein Wort mehr, aber auch kein Wort weniger.»
Publiziert: 10.07.2019 um 12:40 Uhr
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Aktualisiert: 10.07.2019 um 15:28 Uhr
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Der iranische Präsident Hassan Ruhani bezeichnete es als in der Geschichte einzigartig, dass ein Land, das aus einem Abkommen ausgestiegen sei (die USA), über die Vereinbarung debattieren wolle. (Archivbild)

Das sagte der Sprecher des Aussenministeriums, Abbas Mussawi, nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA am Mittwoch.

Hintergrund ist der Druck der USA auf die Führung in Teheran, das Abkommen von 2015 neu auszuhandeln. Aus Sicht der US-Regierung wird der Iran durch den derzeitigen Deal nicht dauerhaft am Bau einer Atombombe gehindert. Ausserdem soll das Raketenprogramm in die Vereinbarung mit einbezogen werden. Die USA waren im Mai 2018 einseitig aus dem Abkommen ausgeschert. Der Iran bestreitet, Atomwaffen bauen zu wollen.

Sondersitzung für Atomabkommen

Aus Anlass der jüngsten Verstösse Teherans gegen das Abkommen treffen sich am Nachmittag Diplomaten aus 35 Ländern zu einer Sondersitzung des Gouverneursrats der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) in Wien. Die Sondersitzung war von den USA beantragt worden. 

IAEA-Chef Yukiya Amano wird das Leitungsgremium über die jüngsten Erkenntnisse der Uno-Behörde bei der Kontrolle des iranischen Atomprogramms unterrichten. Teheran hatte zuletzt höhere Uranvorräte als erlaubt. Auch die Obergrenze bei der Anreicherung des Uran war überschritten worden.

Iran bestreitet Herstellung von Atomwaffen

Irans Präsident Hassan Ruhani bezeichnete es am Mittwoch als lächerlich und in der Geschichte einzigartig, dass ein Land, das aus einem Abkommen ausgestiegen sei, über die Vereinbarung debattieren wolle. Er bekräftigte, dass die Urananreicherung nur zivilen Zwecken diene. Der iranische Teilausstieg aus dem Atomabkommen sei legal, da Zusagen über wirtschaftliche Kooperation und leichteren Öl-Export seitens der anderen Partner nicht eingehalten worden seien.

Werden Lösungen erwartet?

An der Sitzung des Gouverneursrats sind keine Beschlüsse zu erwarten. Möglicherweise kommt es zu einer gemeinsamen Erklärung der verbliebenen Partner des Abkommens, also Russland, China, Frankreich, Grossbritannien und Deutschland. Bereits am Dienstag hatten die Aussenminister von Deutschland, Frankreich und Grossbritannien den Iran gemeinsam mit EU-Chefdiplomatin Federica Mogherini zur Einhaltung des Deals aufgefordert.

Aussenamtssprecher Mussawi betonte am Mittwoch, dass der Iran im Atomdeal bleiben wolle, wenn die für das Land vorteilhaften wirtschaftlichen Teile des Abkommens umgesetzt würden. «Für Diplomatie sind wir weiterhin offen, aber keine Lippenbekenntnisse zum Atomdeal, sondern konkrete und praktische Lösungen.»

Frankreich versucht Atomdeal zu retten

Unterdessen führte ein Gesandter des französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Mittwoch in Teheran Gespräche, um ein Scheitern des Atomabkommens mit dem Iran zu verhindern. Macrons diplomatischer Berater Emmanuel Bonne traf am Vormittag zunächst den Vorsitzenden des Nationalen Sicherheitsrats, Ali Schamchani, wie AFP-Reporter berichteten. Später sollte er auch Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif treffen.

Der französische Aussenminister Jean-Yves Le Drian hatte am Dienstag gesagt, Bonne solle versuchen, «einen Raum für Diskussionen zu öffnen, um eine unkontrollierte Eskalation oder gar ein Unglück zu verhindern». Seit dem einseitigen Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen im Mai 2018 haben sich die Spannungen in der Golfregion massiv verschärft. Im Juni brachte der Konflikt die beiden Länder an den Rand eines Krieges.

Iran übt Druck auf Vertragspartner aus

Wegen der US-Handels- und Finanzbeschränkungen sieht sich der Iran um den Nutzen des Abkommens gebracht. Die Führung in Teheran dringt seit langem darauf, dass die Vertragspartner mehr tun, um die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen trotz der US-Sanktionen aufrechtzuerhalten. Seit Anfang Mai kündigte die iranische Regierung mehrere Bestimmungen des Atomabkommens auf und erhöhte damit den Druck auf die Vertragspartner.

Am 1. Juli überschritt der Iran zunächst die zulässige Menge niedrig angereicherten Urans. Am Montag verstiess er zudem gegen die Begrenzung des Grads der Urananreicherung auf 3,67 Prozent. Die Europäer riefen den Iran daraufhin auf, zum Atomabkommen zurückzukehren. (SDA)

Der Iran-Konflikt im Ticker

Der Konflikt zwischen dem Iran und den USA spitzt sich immer weiter zu. Im Newsticker halten wir Sie über die Vorkommnisse auf dem Laufenden.

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Atomabkommen von 2015

Das sind die wichtigsten Vereinbarungen aus dem Vertrag zum iranischen Atomprogramm:

  • Uran-Anreicherung
    Die Herstellung atomarer Waffen ist nur möglich, wenn man genug spaltbares Material zur Verfügung hat. Das Abkommen legte deshalb den Grenzwert von 3,67 Prozent fest, bis zu dem der Iran Uran anreichern darf. Für Atomwaffen ist ein Anreicherungsgrad von 90 Prozent nötig. Vor dem Abkommen reicherte der Iran Uran bis zu 20 Prozent an.
     
  • Uran-Vorräte
    Der Bestand an niedrig angereichertem Uran darf 300 Kilogramm nicht überschreiten, und zwar für 15 Jahre, legte das Abkommen 2015 fest.
     
  • Anreicherungskapazitäten
    Der Iran hat zwei Anlagen zur Anreicherung von Uran, die teilweise unter der Erde liegen. Das Abkommens legte fest, dass die Zahl der Zentrifugen um mehr als zwei Drittel reduziert wird. Die Forschung und Entwicklung zur Uran-Anreicherung ist in den Anlagen seitdem nur noch in einem kleineren Massstab erlaubt. Damit sollte verhindert werden, dass die Kapazität für eine Anreicherung sprunghaft ansteigt.
     
  • Plutonium
    Der Iran war 2015 von der Verarbeitung von Plutonium zu waffenfähigem Material noch weiter entfernt als von Uran. Im Schwerwasser-Reaktor Arak hätte möglicherweise irgendwann Plutonium hergestellt werden können, doch das Abkommen verlangte, den Reaktorkern mit Zement aufzufüllen. Unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA sollte der Reaktor so umgebaut werden, dass die Produktion von Plutonium minimiert wird und im Normalbetrieb kein waffenfähiges Plutonium anfällt. Neue Schwerwasser-Reaktoren darf der Iran nicht bauen.

Das sind die wichtigsten Vereinbarungen aus dem Vertrag zum iranischen Atomprogramm:

  • Uran-Anreicherung
    Die Herstellung atomarer Waffen ist nur möglich, wenn man genug spaltbares Material zur Verfügung hat. Das Abkommen legte deshalb den Grenzwert von 3,67 Prozent fest, bis zu dem der Iran Uran anreichern darf. Für Atomwaffen ist ein Anreicherungsgrad von 90 Prozent nötig. Vor dem Abkommen reicherte der Iran Uran bis zu 20 Prozent an.
     
  • Uran-Vorräte
    Der Bestand an niedrig angereichertem Uran darf 300 Kilogramm nicht überschreiten, und zwar für 15 Jahre, legte das Abkommen 2015 fest.
     
  • Anreicherungskapazitäten
    Der Iran hat zwei Anlagen zur Anreicherung von Uran, die teilweise unter der Erde liegen. Das Abkommens legte fest, dass die Zahl der Zentrifugen um mehr als zwei Drittel reduziert wird. Die Forschung und Entwicklung zur Uran-Anreicherung ist in den Anlagen seitdem nur noch in einem kleineren Massstab erlaubt. Damit sollte verhindert werden, dass die Kapazität für eine Anreicherung sprunghaft ansteigt.
     
  • Plutonium
    Der Iran war 2015 von der Verarbeitung von Plutonium zu waffenfähigem Material noch weiter entfernt als von Uran. Im Schwerwasser-Reaktor Arak hätte möglicherweise irgendwann Plutonium hergestellt werden können, doch das Abkommen verlangte, den Reaktorkern mit Zement aufzufüllen. Unter der Aufsicht der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA sollte der Reaktor so umgebaut werden, dass die Produktion von Plutonium minimiert wird und im Normalbetrieb kein waffenfähiges Plutonium anfällt. Neue Schwerwasser-Reaktoren darf der Iran nicht bauen.
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