Die österreichische Regierung rüstet auf: Nach 18 Jahren freiem Personen- und Güterverkehr zwischen Italien und Österreich sollen am Brenner wieder Grenzkontrollen durchgeführt werden. Die Bauarbeiten haben laut der «Tiroler Tageszeitung» heute Morgen begonnen.
Als Grund für die geplante Massnahme nennt Wien die Vermutung, dass Flüchtlinge infolge des EU-Abkommens mit der Türkei zunehmend Ausweichrouten suchen werden. Ein möglicher Weg könnte die Migranten über Italien führen.
Innenministerin verteidigt Pläne
Sollte es zu «unkontrollierten Flüchtlingsströmen» kommen, müsste auch die Grenze am Brenner strikt kontrolliert werden, sagt Noch-Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
Die ÖVP-Politikerin wechselt demnächst zurück in die Landespolitik. Das Datum für die Einführung der Kontrollen liess Mikl-Leitner bislang offen: Wann diese begännen, sei von der Entwicklung der Migrationsströme abhängig.
Mikl-Leitner verteidigte die Massnahmen. «Österreich hat letztes Jahr 90'000 Menschen aufgenommen, die Grenze für dieses Jahr liegt bei 37'500 und diese Obergrenze gilt es einzuhalten», sagte die Ministerin.
EU-Kommission «tief besorgt»
Wie die «Tiroler Tageszeitung» berichtet, trifft die zuständige Baufirma momentan Vorbereitungen für «Fundamentarbeiten für ein Flugdach im Kontrollbereich der Autobahn an der Grenze». Nachdem der Autobahnbereich überdacht wurde, sollen laut Medienberichten ein Registrierungszentrum und Zäune errichtet werden. Von der Regierung wurde das bisher nicht bestätigt.
Die EU-Kommission hat sich «tief besorgt» über Österreichs Pläne zur Schliessung der Brenner-Grenze zu Italien gezeigt. Eine Sprecherin erklärte in Brüssel, sollten diese Vorschläge tatsächlich umgesetzt werden, werde man die Angelegenheit «ernsthaft» prüfen.
Was das konkret bedeutet, wurde nicht erklärt. Derzeit beobachte die Kommission nur die Ankündigungen in den Medien. Der Brenner sei ein Zeichen für die Freiheit in der EU und der Schengen-Zone. Eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen müsste jedenfalls eine Ausnahme und verhältnismässig sein, betonte die Sprecherin.
Verteidigungsminister erwartet Kritik
Grenzkontrollen und künftig auch Asyl-Schnellverfahren sind zentraler Bestandteil der restriktiven Flüchtlingspolitik Österreichs. Wegen der Schliessung der Balkanroute kommen aber aktuell nur sehr wenige Schutzsuchende überhaupt in der Alpenrepublik an.
Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil stellt sich schon auf Kritik aus dem Ausland ein. «Italien wird natürlich dagegen protestieren, auch Deutschland wird nicht erfreut sein, dass wir hier eine Grenzkontrollsituation erzeugen», sagte er.
Die Grenzkontrollen könnten auch Folgen für die Schweiz haben. Asylexperten gehen davon aus, dass eine mögliche Ausweichroute über die Schweiz führen könnte. Betroffen wäre vor allem das Tessin.
Letzte Woche erklärte Hans-Jürg Käser, der Präsident der kantonalen Polizeidirektoren, das der Bund sich in Szenarien auf 30'000 Flüchtlinge in wenigen Tagen vorbereite. (jvd/SDA)