Astronauten-Legende Jeffrey Hoffman ist froh, dass der US-Präsident der Raumfahrt neuen Schub verleiht
«Dank Trump ist das Kribbeln zurück»

Jeffrey Hoffman war der erste Astronaut, der mehr als 1000 Stunden im All verbrachte. Mit BLICK spricht er über seinen gefährlichsten Einsatz, seine Freundschaft mit Claude Nicollier – und warum Trump ein Segen für die Weltraumerforschung ist.
Publiziert: 10.11.2019 um 23:17 Uhr
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Auf dem Mond war Jeffrey Hoffman nicht – sonst hat der 74-Jährige im All aber ziemlich viel gesehen.
Foto: Peter Gerber
Fabienne Kinzelmann

Der Ort fürs Interview muss kurzfristig geändert werden, doch einen wie Jeffrey Hoffman stresst so was nicht – auch nicht mit 74 Jahren. «Im Weltraum laufen Dinge nie so wie geplant, da musst du zwangsläufig flexibel sein», sagt die Astronautenlegende. Er muss es wissen. Der Amerikaner aus New York war der Erste, der mehr als 1000 Stunden im All verbracht hat. Die Coolness ist bis ins Alter geblieben. Als BLICK ihn im Historischen Museum in Bern trifft, entdeckt er beim Vorbeigehen einen Fehler auf einem Plakat, das alle Weltraummissionen zeigt. «Da fehlt eine zum Saturn!», weiss der heutige Harvard-Professor. Dann schnappt er sich einen der Astronautenhelme und posiert damit aufrecht und stolz vor einem grossen Mondfoto.

Was war Ihre gefährlichste Situation da oben?
Ich hatte nie das Gefühl, in Gefahr zu sein. Was aber in Gefahr war: das Hubble-Teleskop. Weil der Hauptspiegel fehlerhaft war, bin ich 1993 als Missionsspezialist hoch. Hubble hat kleine Türen, die nicht richtig schlossen. Ich wusste: Wenn ich sie nicht richtig schliesse, stirbt das Teleskop.

Sie haben es hinbekommen.
Zum Glück. Ich hätte nicht die Person sein wollen, die es kaputt macht.

Begleitet hat Sie damals der Schweizer Astronaut Claude Nicollier. Erinnern Sie sich an ihn?
Aber sicher, er ist ein wundervoller Mensch. Wir sind immer noch Freunde. Er ist sehr ernsthaft, sehr schweizerisch. Er hat hart gearbeitet, immer alles richtig gemacht. Er hat sich nicht mal beschwert, dass er so lange auf seinen ersten Flug ins All warten musste. Den habe ich übrigens ermöglicht. Ich übernahm ein Satellitenprojekt von ihm und stellte später sicher, dass er mitfliegen durfte.

Nicollier ist nach wie vor der einzige Schweizer im All. Hinken wir in der Raumfahrt hinterher?
Die Nasa gibt zehnmal mehr aus als die ESA. Deswegen fliegen Europäer oft bei uns mit – wenn sie sich bewähren. Auch Claude musste sich seinen Weg erst verdienen. Er hat über Jahre in Houston gearbeitet, bevor er raus durfte.

Jeffrey A. Hoffman

Astronaut, Diplomat, Professor: Das ist die Karriere von Jeffrey A. Hoffman (74). Fünfmal flog der US-Amerikaner zwischen 1984 und 1996 ins All – dreimal davon mit dem Schweizer Astronauten Claude Nicollier (75). Der geborene New Yorker reparierte das Hubble-Weltraumteleskop, entwickelte Astronautenanzüge und Werkzeuge für die Internationale Raumstation ISS. Nach seiner Pilotenkarriere repräsentierte er die Nasa in Europa. Aktuell lehrt er Luft- und Raumfahrttechnik in Harvard und leitet ein Experiment zur Herstellung von Sauerstoff für die Mars-Mission, die im Juli 2020 losgehen soll.

Astronaut, Diplomat, Professor: Das ist die Karriere von Jeffrey A. Hoffman (74). Fünfmal flog der US-Amerikaner zwischen 1984 und 1996 ins All – dreimal davon mit dem Schweizer Astronauten Claude Nicollier (75). Der geborene New Yorker reparierte das Hubble-Weltraumteleskop, entwickelte Astronautenanzüge und Werkzeuge für die Internationale Raumstation ISS. Nach seiner Pilotenkarriere repräsentierte er die Nasa in Europa. Aktuell lehrt er Luft- und Raumfahrttechnik in Harvard und leitet ein Experiment zur Herstellung von Sauerstoff für die Mars-Mission, die im Juli 2020 losgehen soll.

Wenn Sie es sich aussuchen könnten: Wohin würde Ihr nächster Flug gehen?
An den Südpol. Einfach nur, weil er existiert und ich noch nie da war.

Zur Zeit reden alle vom Mars. Würden Sie da eigentlich auch gerne hinfliegen?
Sofort.

Die Chance wäre aber gross, dass Sie nicht zurückkommen.
Ich wüsste nicht, ob ich einen One-Way-Flug unternehmen würde. Aber ich glaube, dass wir es schaffen würden, auch zurück auf die Erde zu kommen.

Wann landet denn der erste Mensch auf dem Roten Planeten?
Keine Ahnung.

Sie wissen das nicht?
Nö. Das werde ich ständig gefragt. Aber wir haben ein paar Fragen zur Strahlung, Ausrüstung und zu den Kosten noch nicht gelöst. Das muss man dem US-Kongress jetzt erst mal wieder vermitteln, dass wir so viele Milliarden Dollar brauchen, um auf den Mond oder den Mars zu gehen.

Ähnliche Probleme gab es doch auch bei der Mondlandung.
Das war aber ein einzigartiger Zeitpunkt. Wir befanden uns im Kalten Krieg. Klar, die wissenschaftlichen Erkenntnisse waren toll, aber durchgezogen wurde die Mondlandung, um die Sowjets zu schlagen.

Was will die Welt auf dem Mars?
  • Die Nasa mit dem Mars Rover ab Juli 2020 die Bewohnbarkeit des Roten Planeten erforschen.
  • SpaceX, die Firma von Tesla-Milliardär Elon Musk (48), will innerhalb des nächsten Jahrzehnts Menschen auf den Mars bringen. Auch die USA und Russland planen langfristig bemannte Missionen.
  • Dabei gehts wie bei der Mondlandung um Prestige: Wer zuerst auf dem Mars ist, hat die Nase vorne – international ein starkes Symbol.
  • Die Wissenschaft wiederum hofft auf andere Erkenntnisse. Zum Beispiel, den menschlichen Körper besser zu verstehen.
  • Aber auch Militär und der Staatshaushalt profitieren. Studien zeigen: Jeder investierte Dollar kommt mehrfach zurück. Weltraumtechnik ist vielseitig einsetzbar – zum Beispiel auf einem Kriegsfeld.
  • Und: Der Mars könnte auch zur Quelle für kostbare Rohstoffe werden.


  • Die Nasa mit dem Mars Rover ab Juli 2020 die Bewohnbarkeit des Roten Planeten erforschen.
  • SpaceX, die Firma von Tesla-Milliardär Elon Musk (48), will innerhalb des nächsten Jahrzehnts Menschen auf den Mars bringen. Auch die USA und Russland planen langfristig bemannte Missionen.
  • Dabei gehts wie bei der Mondlandung um Prestige: Wer zuerst auf dem Mars ist, hat die Nase vorne – international ein starkes Symbol.
  • Die Wissenschaft wiederum hofft auf andere Erkenntnisse. Zum Beispiel, den menschlichen Körper besser zu verstehen.
  • Aber auch Militär und der Staatshaushalt profitieren. Studien zeigen: Jeder investierte Dollar kommt mehrfach zurück. Weltraumtechnik ist vielseitig einsetzbar – zum Beispiel auf einem Kriegsfeld.
  • Und: Der Mars könnte auch zur Quelle für kostbare Rohstoffe werden.


Was ist die grösste Herausforderung für die Mars-Mission?
Wir brauchen wie beim Mond eine Rakete, die sich um den Planeten herum bewegt und mit der man zurück auf die Erde kommt. Beim Mars ist aber die Anziehungskraft zweieinhalbmal so gross. Wir brauchen also enorm viel Raketentreibstoff – Sauerstoff und Methan. Wir reden allein von 30 Tonnen Sauerstoff für eine einzige Rakete. Es wäre irre, das hochzubringen. Darum müssen wir den Sauerstoff direkt auf dem Mars herstellen.

Daran arbeiten Sie.
Genau, seit 20 Jahren. In den letzten zwei bis drei Jahren noch mal deutlich härter. Wir lernen jetzt auch eigentlich nichts Neues mehr über den Mars. Aber wir müssen zeigen, dass es funktioniert. Aktuell schaffen wir es, sechs bis zehn Gramm Sauerstoff pro Stunde zu produzieren. Das reicht noch nicht. Das müssen Kilogramm werden.

Es gibt eine ganze Reihe von Milliardären, die beim Rennen auf Mond und Mars jetzt mitmischen. Laufen Ihnen Elon Musk und Co. den Rang ab?
Die Innovationen von privaten Firmen sind unglaublich! Musks Firma SpaceX hat es zum Beispiel geschafft, die Kosten für Raketen erheblich zu reduzieren. Davon profitiert auch die Nasa. Sie hat Verträge mit SpaceX und Boeing abgeschlossen.

Trump macht der Nasa Druck, spätestens 2024 wieder auf dem Mond zu sein. Was halten Sie davon?
Ohne Deadline passiert nichts. Es ist deshalb sehr gut, dass Trump das macht. In der Nasa und der ganzen Raumfahrtindustrie gibt es seither dieses Kribbeln: Wir haben ein Ziel, und wir machen das.

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