Auf dem Asean-Gipfel sprach sich der philippinische Präsident Rodrigo Duterte am Mittwoch für ein grösseres Entgegenkommen in den Verhandlungen mit China über einen Verhaltenscode für Zwischenfälle in dem Seegebiet aus. Er müsse "um jeden Preis" erreicht werden, um "Fehlkalkulationen" zu vermeiden, sagte er philippinischen Journalisten.
Duterte schien in seinen Äusserungen den umstrittenen Anspruch Chinas auf Inseln und Riffe praktisch anzuerkennen: "So, ihr seid da, ihr habt den Besitz übernommen, ihr habt sie besetzt, aber sagt uns, welchen Weg wir gehen, wie wir uns verhalten sollen", sagte Duterte nach Angaben der Zeitung "Manila Bulletin".
Die Beziehungen der Asean zu China seien ausgezeichnet, ausser dass es Spannungen mit "westlichen Ländern" gebe, sagte Duterte. Das war offenbar ein Hinweis auf die USA, deren Kriegsschiffe gezielt in den umstrittenen Seegebieten operieren, um für die Freiheit der Seeschifffahrt einzutreten.
Einst gehörten die Philippinen zu den schärfsten Kritikern Chinas in dem Territorialstreit. Doch steuert Duterte einen neuen Kurs der Anpassung an die wachsende Regionalmacht China, die ihre asiatischen Nachbarn mit grossen Infrastrukturinvestitionen und einer Ausweitung des Handels umwirbt.
Auffällig war, dass Duterte auf dem Gipfel am Mittwoch an mindestens drei wichtigen Sitzungen nicht teilnahm und nur seinen Aussenminister schickte, jedoch bei dem Treffen mit Chinas Regierungschef Li Keqiang persönlich anwesend war.
Obwohl es wiederholt zu gefährlichen Zwischenfällen zwischen Marineschiffen Chinas und der USA im Südchinesischen Meer kommt, stellte der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang bei diesem Treffen mit den Asean-Staats- und Regierungschefs fest, dass Frieden und Stabilität in dem umstrittenen Seegebiet in den vergangenen Jahren bewahrt worden seien. Die Entwicklung steuere auf grössere Stabilität hin, was auch für den Handel förderlich sei. Er hoffe auf eine Einigung über den Verhaltenscode in drei Jahren.
Die Volksrepublik erhebt Ansprüche auf den grössten Teil des strategisch wichtigen und rohstoffreichen Seegebietes. Das Schiedsgericht in Den Haag hat 2016 die Ansprüche abgewiesen. Peking ignoriert das Urteil allerdings und baut auf den Inseln und Riffen militärische Anlagen.
Angesichts der wachsenden politischen und wirtschaftlichen Macht Chinas hält sich die Asean mit Kritik aber auffällig zurück. Ohnehin sind es ausser den Philippinen nur Vietnam, Malaysia und Brunei, die ebenfalls Ansprüche erheben. Auch suchen andere Mitglieder ebenfalls Wirtschaftshilfe aus China.
US-Vizepräsident Mike Pence, der anstelle von US-Präsident Donald Trump an dem Gipfel teilnimmt, nutzte ein Treffen mit Indiens Ministerpräsidenten Narendra Modi, um mit Blick auf das Südchinesische Meer demonstrativ für die Freiheit der Seeschifffahrt einzutreten. Er erwähnte jüngste gemeinsame Marineübungen der USA, Japans und Indiens. Die Manöver zeigten ihre Entschlossenheit, "den freien und offenen Zugang zu allen Seegebieten überall in dieser Region sicherzustellen", sagte Pence.
Erstmals nahm auch Russlands Präsident Wladimir Putin an dem Gipfel teil. Er plädierte in einer Sitzung mit den Asean-Mitgliedern für einen Ausbau der Kooperation. Auch Südkoreas Präsident Moon Jae In kam mit den Asean-Führern zusammen. In öffentlichen Äusserungen ging Moon aber nicht auf die Entwicklung im Atomkonflikt mit Nordkorea ein. Am Rande des Gipfels wurden mehrere bilaterale Treffen erwartet.
Zur Asean-Gemeinschaft gehören die zehn Länder Indonesien, Malaysia, Thailand, die Philippinen, Vietnam, Myanmar, Brunei, Laos, Kambodscha und Singapur. Zwei Mal pro Jahr treffen sich die Staats- und Regierungschefs zu einem Gipfel. Einmal im Jahr kommen sie dabei mit ihren Kollegen aus China, Russland, den USA, Japan, Südkorea, Indien und Australien zu einem Ostasien-Gipfel (EAS) zusammen.
Die Aufmerksamkeit richtet sich nicht nur auf den Streit um das Südchinesische Meer, sondern auch auf die negativen Auswirkungen des Handelskrieges zwischen den USA und China und das Drama um dieRohingya-Flüchtlinge aus Myanmar. Die Asean ist mit 635 Millionen Einwohnern der sechstgrösste Wirtschaftsraum und will bis 2030 zur Nummer vier nach den USA, China und der EU aufsteigen.