Im ersten Wahlgang am Sonntag verfehlte der linksgerichtete Kandidat Daniel Scioli überraschend den notwendigen Vorsprung von zehn Prozentpunkten. Nach Auszählung von 97 Prozent der Stimmen entfielen auf Macri 34,4 Prozent und auf den Regierungskandidaten Scioli 36,8 Prozent, wie die Wahlbehörde am Montag mitteilte.
Der von der scheidenden Präsidentin Cristina Kirchner unterstützte Scioli bat die Wähler am späten Sonntagabend um ihre Unterstützung, ohne allerdings direkt auf einen zweiten Wahlgang einzugehen. «Zusammen werden wir triumphieren», sagte Scioli. Er war in den vergangenen acht Jahren Gouverneur der Provinz Buenos Aires.
Scioli hat sich die Fortsetzung der Politik von Präsidentin Kirchner auf die Fahne geschrieben, die nach zwei aufeinanderfolgenden Amtszeiten nicht mehr antreten durfte. Insgesamt hatten Kirchner und ihr vor fünf Jahren verstorbener Mann Nestor während zwölf Jahren das Land mit einer sozial und protektionistisch ausgerichteten Politik geprägt.
Der wirtschaftsfreundliche Macri sagte nach der Wahl vor Anhängern: «Was heute geschehen ist, wird die Politik in diesem Land ändern.» Der Bürgermeister der Hauptstadt Buenos Aires geniesst die Unterstützung vor allem der Mittel- und Oberschicht in den Städten. Macri ist auch der Kandidat der Investoren und hat einen raschen Abbau von Handels- und Währungskontrollen in Aussicht gestellt.
In Argentinien muss ein Kandidat 45 Prozent der Stimmen erreichen oder mindestens 40 Prozent sowie 10 Prozentpunkte Vorsprung auf den Zweitplatzierten haben, um in der ersten Runde zu gewinnen.
An dritter Stelle landete mit gut 21 Prozent Sergio Massa, ein früherer Kabinettschef Kirchners, heute ein Regierungskritiker. Massa erklärte am Sonntagabend (Ortszeit) er werde mit seiner Allianz Unidos para una Nueva Alternativa (UNA) den Kandidaten der Stichwahl programmatische Bedingungen für seine Unterstützung stellen.
Der Wahlsieger tritt ein schwieriges Erbe an. Die drittwichtigste Volkswirtschaft Lateinamerikas leidet unter einer hohen Inflationsrate, die 2014 bei fast 24 Prozent lag. Nach einer langen Wachstumsphase von jährlich acht Prozent ging es 2014 um 0,5 Prozent bergab, für das kommende Jahr erwartet der Internationale Währungsfonds ein Minus von 0,7 Prozent.