Antwort an Corbyns Brexit-Brief
May lehnt Forderung von Opposition nach Zollunion mit EU erneut ab

Im Streit über ihren Brexit-Kurs hat die britische Premierministerin Theresa May einen Kompromiss-Vorstoss der Opposition zurückgewiesen. May erteilte der zentralen Forderung von Labour-Chef Jeremy Corbyn nach einer dauerhaften Zollunion mit der EU erneut eine Absage.
Publiziert: 11.02.2019 um 11:25 Uhr
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Aktualisiert: 11.02.2019 um 11:26 Uhr
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Premierministerin Theresa May will Medienberichten zufolge das britische Parlament noch einmal um mehr Zeit für Nachverhandlungen mit der EU bitten. Sollte das Parlament May am Donnerstag mehr Zeit gewähren, wäre das bereits die zweite Verlängerung seit der krachenden Niederlage für ihren Brexit-Deal Mitte Januar.

Ihr sei nicht klar, warum er eine solche Form der Handelsbeziehungen vorziehen würde, schreibt die Regierungschefin in einem am Sonntagabend von ihrem Büro veröffentlichten Brief an Corbyn. Dieser hatte May insgesamt fünf Bedingungen gestellt und im Gegenzug Unterstützung im Parlament signalisiert, wo Mays Brexit-Pläne zuletzt durchfielen.

May will unabhängig bleiben

May hat einen Verbleib in der Zollunion mit der EU wiederholt abgelehnt. Ihrer Ansicht nach würde das Grossbritannien nach einem Austritt aus der Staatengemeinschaft daran hindern, eine unabhängige Handelspolitik zu verfolgen. Ohne Unterstützung der Opposition droht May allerdings angesichts der Zerrissenheit ihrer eigenen Reihen ein erneutes Scheitern ihres Brexit-Kurses am Widerstand der Abgeordneten - und damit ein EU-Austritt ohne Abkommen Ende März.

Zusammenarbeit mit Corbyn wäre wichtig

Die EU hatte May daher dazu gedrängt, auf Corbyn zuzugehen, statt die bisherigen Brexit-Vereinbarungen neu aufzuschnüren, um Zugeständnisse bei der Regelung der Grenzfrage zwischen Irland und Nordirland zu bekommen. Nach bisheriger Planung soll am Donnerstag im Parlament erneut über das weitere Vorgehen befunden werden.

May will nochmals mehr Zeit

Die britische Premierministerin Theresa May will das Parlament in London Medienberichten zufolge noch einmal um mehr Zeit für Nachverhandlungen mit der EU zum Brexit bitten. Das berichteten unter anderem die BBC und der «Telegraph» am Sonntag unter Berufung auf Regierungsquellen.

May will spätestens am Mittwoch eine Erklärung im Parlament über den Stand der Verhandlungen abgeben. Am Donnerstag soll über das weitere Vorgehen abgestimmt werden. Eine Regierungssprecherin bestätigte auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa, dass inzwischen jedoch schon der 27. Februar als Datum für eine Abstimmung darüber vorgesehen ist, wie es weitergehen soll.

Stimmt das Parlament für weiteren Aufschub?

Sollte das Parlament May am Donnerstag mehr Zeit gewähren, wäre das bereits die zweite Verlängerung seit der krachenden Niederlage für ihren Brexit-Deal Mitte Januar. Die Opposition wirft May vor, Zeit zu schinden, um die Abgeordneten kurz vor dem Brexit-Datum am 29. März in einer Friss-oder-stirb-Abstimmung vor die Wahl zwischen ihrem Deal und einem ungeregelten Brexit zu stellen.

Versuche, May die Kontrolle über den Brexit-Prozess zu entreissen und eine Verschiebung des EU-Austritts zu erzwingen, scheiterten jedoch bislang. Der Brexit-Experte der oppositionellen Labour-Partei, Keir Starmer, kündigte an, seine Partei wolle am Donnerstag eine zweite und endgültige Abstimmung über Mays Brexit-Abkommen bis Ende Februar erzwingen.

Labour wäre dabei aber auf erhebliche Unterstützung von EU-freundlichen Abgeordneten aus dem Regierungslager angewiesen. Danach sieht es einem Bericht der «Sunday Times» zufolge bislang aber noch nicht aus.

Streit um Backstop dauert an

Am 29. Januar hatte sich eine Mehrheit der Abgeordneten für Nachverhandlungen zur sogenannten Backstop-Regelung ausgesprochen. Mit dem Backstop soll eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland verhindert werden. Vielen konservativen Abgeordneten ist die Regel jedoch ein Dorn im Auge, weil sie fürchten, Grossbritannien könne dadurch dauerhaft eng an die EU gebunden bleiben.

Bisher lehnt die EU aber jegliche Änderung am Brexit-Abkommen kategorisch ab. Am Montag wollte Brexit-Minister Stephen Barclay für Gespräche nach Brüssel reisen. (SDA)

Britische Unternehmen siedeln wegen Brexit in die Niederlande um

Die Niederlande haben wegen des bevorstehenden Brexit bereits mehr als 40 Unternehmen aus Grossbritannien abwerben können. Die Investitionen für die Neuansiedlung in den Niederlanden beliefen sich auf rund 290 Millionen Euro, zudem brächten die Firmen knapp 2000 Arbeitsplätze aus Grossbritannien mit, teilte die Niederländische Agentur für Auslandsinvestitionen am Samstag mit.

Die Regierung in Den Haag begrüsste die Entscheidung der Unternehmen ausdrücklich. Angesichts der «wachsenden Ungewissheit über den Brexit» könnten sich die Unternehmen auf das «gute wirtschaftliche Klima» in den Niederlanden verlassen, erklärte der niederländische Wirtschaftsminister Eric Wiebes.

Ungezogen seien unter anderem die japanische Investmentbank Norinchukin, das Medienunternehmen TVT Media, die Finanzdienstleister MarketAxess und Azimo sowie der Seefahrtsversicherer UK P&I.
(SDA)

Die Niederlande haben wegen des bevorstehenden Brexit bereits mehr als 40 Unternehmen aus Grossbritannien abwerben können. Die Investitionen für die Neuansiedlung in den Niederlanden beliefen sich auf rund 290 Millionen Euro, zudem brächten die Firmen knapp 2000 Arbeitsplätze aus Grossbritannien mit, teilte die Niederländische Agentur für Auslandsinvestitionen am Samstag mit.

Die Regierung in Den Haag begrüsste die Entscheidung der Unternehmen ausdrücklich. Angesichts der «wachsenden Ungewissheit über den Brexit» könnten sich die Unternehmen auf das «gute wirtschaftliche Klima» in den Niederlanden verlassen, erklärte der niederländische Wirtschaftsminister Eric Wiebes.

Ungezogen seien unter anderem die japanische Investmentbank Norinchukin, das Medienunternehmen TVT Media, die Finanzdienstleister MarketAxess und Azimo sowie der Seefahrtsversicherer UK P&I.
(SDA)

Der Brexit-Fahrplan - so geht es weiter
  • 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
  • 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
  • 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
  • Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
  • Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
  • 12. März: Das Parlament stimmt im sogennanten «meaningful vote» über das zwischen May und der EU ausgehandelte Brexit-Abkommen ab. Zum zweiten Mal entschied das Parlament gegen Mays Deal (mit 391 zu 242 Stimmen).
  • 13. März: Die Premierministerin lässt darüber abstimmen, ob Grossbritannien die EU ohne Deal verlassen soll. Das wäre ein harter Brexit, der wegen fehlender Übergangsbestimmungen in ein Chaos führen könnte. Kommt es bei der Abstimmung zum No-Deal zu einem Nein, entscheidet das Parlament für oder gegen eine Verschiebung des Brexit.
  • 14.März: Die Abgeordneten entscheiden über die Brexit-Verschiebung. Nein = EU-Austritt am 29. März, vermutlich ohne Deal; Ja = London bittet EU um Verlängerung der Frist.
  • Für die Umsetzung eines Abkommens müssen mindestens 20 EU-Länder zustimmen, die für 65 Prozent der EU-Bevölkerung stehen. Kommt eine Mehrheit nicht zustande, tritt Grossbritannien ohne Deal aus der EU aus.
  • Der Austritt erfolgt in jedem Fall am 29. März 2019.
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