«Mehr als 150 Millionen Menschen, die meisten von ihnen in Asien, leben innerhalb eines Meters des gegenwärtigen Meeresspiegels», sagte der Leiter der Abteilung für Erderforschung der US-Weltraumbehörde NASA, Michael Freilich, gestern in Miami.
Freilich stellte neue Satellitendaten zu der Entwicklung der Meeresspiegel vor. Die NASA und die französische Weltraumbehörde CNES hatten 1992 mit den Messungen aus dem All begonnen. Die Instrumente seien sehr sensibel und präzis, erklärte der Forscher. Aus 12'000 Metern Höhe könnten sie die Erhebung messen, die eine flach auf dem Boden liegende Münze verursache.
Gletscher schmelzen, Ozeane werden wärmer
Demnach sind die Ozeane seit 1992 im Schnitt um 7,6 Zentimeter gestiegen, mancherorts sogar um mehr als 23 Zentimeter. Für den Anstieg sorgt insbesondere das Abschmelzen der Eisgletscher, aber auch die Erwärmung der Ozeane, durch die sich das Meereswasser ausdehnt.
Die Forscher sind besonders besorgt über das Abschmelzen des Grönland-Eis. Dort schmolzen im vergangenen Jahrzehnt durchschnittlich 303 Gigatonnen Eis pro Jahr. Vom Eis in der Antarktis gingen durchschnittlich 118 Gigatonnen pro Jahr verloren.
«Eine Sache, die wir erfahren haben, ist, dass die Eisflächen schneller schmelzen als zuvor erwartet», sagte der NASA-Meereskundler Josh Willis. Dieser Prozess drohe sich weiter zu beschleunigen.
«Irgendwann in den kommenden 20 Jahren wird es wahrscheinlich einen schnelleren durchschnittlichen Anstieg des Meeresspiegels geben, also müssen wir vorbereitet sein», warnte Willis.
Meeresspiegel kann bis um drei Meter ansteigen
Eine Unbekannte in dem Prozess sind die Folgen eines völligen Zusammenbruchs von Eisbergen. NASA-Forscher Tom Wagner sagte, wenn die Eisschichten schnell in sich zusammenfielen, sei sogar ein Anstieg des Meeresspiegels um drei Meter in den kommenden 100 bis 200 Jahren denkbar.
Doch schon die bislang erfolgte Eisschmelze wird die Menschheit den NASA-Messungen zufolge vor grosse Herausforderungen stellen. Schon jetzt zeichne sich ein Meeresspiegelanstieg um mehr als einen Meter ab, «nur auf Grundlage der Erwärmung, die es bis jetzt gab», sagte NASA-Experte Steve Nerem.
Damit sei beispielsweise auch der US-Bundesstaat Florida von der Überflutung bedroht. «Es wird in der Zukunft wahrscheinlich schlimmer», prophezeite Nerem zu den Folgen der Erderwärmung.