Noch immer schweben der ehemalige Agent Sergej Skripal (66), der den Engländern russische Geheimnisse verraten hatte, sowie seine Tochter Julia (33) in Lebensgefahr. Sie waren am 4. März in einem Park in der englischen Stadt Salisbury schwer verletzt aufgefunden worden. Ursache der Verletzung: ein Nervenkampfstoff.
Für die britische Premierministerin Theresa May (61) ist klar: Das war ein Anschlag der Russen. Denn beim Gift soll es sich um Nowitschok handeln, das die frühere Sowjetunion entwickelt hatte.
Der britische Aussenminister Boris Johnson (53) droht bereits mit dem Boykott der Fussball-WM in Russland im Sommer.
Gift in Blumen fürs Grab?
Wie Vater und Tochter Skripal angegriffen wurden, ist noch nicht geklärt. Möglich ist, dass das Gift mit einem Blumenstrauss überbracht wurde. Offenbar werden Blumen untersucht, die Sergej Skripal nur Stunden vor dem Zusammenbruch am Grab seiner 2012 verstorbenen Ehefrau Ljudmilla oder am Grab seines 2017 verstorbenen Sohnes niedergelegt haben soll.
Möglicherweise hatten die Täter die Blumen zu Skripal nach Hause geschickt. Diese These wird durch die Erkrankung von Polizist Nick Bailey gestützt, der unmittelbar nach Auffinden Skripals das Haus des Russen untersucht hatte.
Am Samstag untersuchten Ermittler das Grab der Ehefrau von Sergej Skripal. Mittlerweile erhärtet sich der Verdacht, dass ihr Tod sowie der Tod von Skripals Sohn 2017 im Zusammenhang mit dem Giftanschlag stehen.
Was ist Nowitschok?
Vieles deutet darauf hin, dass Sergej und Julia Skripal durch Nowitschok vergiftet wurden. BLICK erklärt das Wichtigste zum Kampfstoff.
Tödlicher «Neuling»: Die Sowjetunion hat zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren eine Serie neuartiger Nervenkampfstoffe entwickelt, die zu den tödlichsten gehören, die je hergestellt worden sind. «Nowitschok» heisst auf Deutsch «Neuling». Es ist achtmal so stark wie der VX-Kampfstoff, mit dem Nordkorea in der Regel seine Feinde ermorden lässt.
Einfache Herstellung: Es braucht dazu nur zwei relativ harmlose Stoffe, die bei der Zusammenführung äusserst tödlich werden. Die Stoffe können ohne grosse Probleme transportiert und vor Detektoren versteckt werden. Als er 1992 das Geheimprogramm auffliegen liess, sagte der russische Chemiker Vil Mirzayanow: «Die Besonderheit dieser Waffe liegt in der Einfachheit ihrer Komponenten. Sie werden in der Zivilindustrie verwendet und können daher international nicht reguliert werden.»
Anwendung als Puder: Das Mittel wird vorwiegend als ultrafeiner Puder zerstäubt. Die Betroffenen sterben meistens an Herzversagen oder Ersticken, da sich die Lunge mit Flüssigkeit füllt. Überlebt das Opfer, bleibt es meistens gelähmt.
Anti-Mittel: Dem Opfer muss umgehend die kontaminierte Kleidung ausgezogen, und der Körper muss gewaschen werden. Es gibt Gegenmittel, unter anderem Atropin, Pralidoxim und Diazepam. Deren rettende Wirkung ist aber nicht garantiert. (gf)