Der Komplott beginnt mit einem Ausflug ins Disneyland von Tokio. Er endet mit einem öffentlichen Mord am Flughafen von Kuala Lumpur, der Hauptstadt von Malaysia.
Das Attentat auf Kim Jong-nam (✝45), den entfremdeten Halbbruder des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un (33), ist ein irrer Thriller. Und er ist real.
Wollte Diktator Kim Jong-un seinen älteren Halbbruder beseitigen aus Angst, dieser könne ihm den Posten streitig machen? Stehen nordkoreanische Agenten hinter dem Mord? Oder brachte er einen Kritiker um die Ecke?
Bekannt ist: Diktator Kim liess bereits seinen Onkel und einstigen Mentor Jang Song-thaek (✝67) wegen angeblichen Verrats, Drogenmissbrauchs und Korruption hinrichten.
Ermittler sind sich sicher: Die Spur führt nach Nordkorea.
Das Attentat
Am 13. Februar will Jong-nam von einem Besuch in Malaysia zurück in seine Wahlheimat Macao reisen. Er wartet am Flughafen Kuala Lumpur auf sein Check-in, als sich zwei Frauen nähern. Sie drücken ihm einen mit Gift besprühten Lappen ins Gesicht. Wenige Minuten später ist Jong-nam tot. Seine letzten Worte: «Sehr schmerzhaft, sehr schmerzhaft. Ich wurde mit einer Flüssigkeit besprüht.»
Die beiden Frauen waschen ihre Hände. Sie fliehen. Weit kommen sie nicht. Die Polizei fasst sie schnell.
Eine der Verdächtigten soll gesagt haben, sie habe geglaubt, Teil eines Gags mit versteckter Kamera zu sein. Auf Überwachungsaufnahmen der Ermordung sieht man sie mit einem Pulli mit der Aufschrift «Lol», die englische Abkürzung für «laut lachen».
Weitere Verdächtige sollen sich nach Nordkorea abgesetzt haben. Gesucht wird unter anderem ein Diplomat der nordkoreanischen Botschaft in Malaysia.
Unbekannte versuchten Anfang Woche, in die Leichenhalle einzubrechen –vergeblich. Wollen sie den Leichnam Jong-nams klauen?
Nordkorea streitet ab, irgendetwas mit dem Mord zu tun zu haben. Wohl aus Angst vor dem Verbündeten China. Es hielt seine schützende Hand über den ermordeten Jong-nam.
Der Komplott
Kim Jong-nam galt als Partyboy, der sich im chinesischen Glückspielparadies Macao, wo er im Exil lebte, ein schönes Leben gönnte.
Bereits in den 80er-Jahren war klar, dass er kaum Diktator Nordkoreas werden würde. Er besuchte damals Schulen in Russland und der Schweiz, unter anderem eine Handelsschule in Genf. Im Ausland verlor er erst den Glauben an den Kommunismus. In der Schweiz fand er Gefallen am Kapitalismus. Mehrmals drohte ihm sein Vater, der «Geliebte Führer» Kim Jong-il (✝70), mit dem Straflager.
Endgültig in Ungnade fiel er 2001, als er mit gefälschtem Pass in Japan einreiste, um sich im Disneyland zu vergnügen. Die Verhaftung Jong-nams blamierte das Regime in Pjöngjang. Sie sicherte seinem Halbbruder Kim Jong-un die Nachfolge des Geliebten Führers. Jong-uns Mutter Ko Young-hi (✝51) installierte ihn.
Jong-nam kritisierte seinen Halbbruder von Macao aus. Deshalb setzte ihn sein Bruder, der Diktator, auf die Abschussliste. Bereits 2010 sollte er mit einem Taxi in Singapur überfahren werden – bei einem fingierten Unfall. Jong-nam bettelte in einem Brief beim Bruder um sein Leben. Vergebens.