Angst vor giftigen Stoffen
Arbeitsschutzminister nach Tianjin-Katastrophe entlassen

Tianjin – Nach dem Explosionsunglück in Tianjin mit mindestens 114 Toten ist der Minister der staatlichen Verwaltung für Sicherheit am Arbeitsplatz entlassen worden. Yang Dongliang wurde am Dienstag von seinen Pflichten entbunden.
Publiziert: 18.08.2015 um 14:17 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 21:34 Uhr

Gegen den Arbeitsschutzminister werde wegen «schwerer Verletzung von Disziplin und Gesetzen» ermittelt, teilte die Disziplinkommission der Partei mit. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua stellte keinen direkten Zusammenhang mit dem Unglück her, doch war der 61-Jährige bis Mai 2012 Vizebürgermeister von Tianjin. Kommentatoren meinten, es sei «kein Zufall», und verwiesen auf seine Karriere in staatlichen Öl- und Chemieunternehmen hin, die ihn nach Tianjin führte.

In dem Gefahrgutlager mit rund 3000 Tonnen Chemikalien war es am späten Mittwochabend vergangener Woche nach einem Brand zu heftigen Explosionen gekommen, die schwere Verwüstungen anrichteten. Es gab mindestens 114 Tote, 57 Menschen wurden noch vermisst. In Spitälern wurden 692 Menschen behandelt, darunter 57 Schwerverletzte.

Gegen das Unternehmen Ruihai Logistik, das das unheilvolle Gefahrgutlager betrieb, wird wegen Ungereimtheiten bei seinen Lizenzen für den Umgang mit Chemikalien ermittelt.

Der Lagerbetreiber hatte nach Informationen auf der Website der staatlichen Industrie- und Handelsbehörde von Oktober 2014 bis Juni 2015 keine Genehmigung für den Umgang mit Gefahrengütern. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua meldete unter Berufung auf Ruihai-Vertreter, der Konzern habe die Arbeit mit riskanten Chemikalien dennoch fortgesetzt.

Die staatliche Zeitung «People's Daily» berichtete am Dienstag im Internet, der Chef von Ruihai und sein Stellvertreter seien zusammen mit acht weiteren Personen bereits am Donnerstag festgenommen worden. Seitdem ist das Unternehmen telefonisch nicht mehr zu erreichen.

Die ersten Regenfälle seit der Katastrophe verstärkten die Angst in der Zehn-Millionen-Metropole vor giftigen Stoffen. Auf den Strassen lag «ungewöhnlicher weisser Schaum», wie Reporter berichteten.

Nach dem Regen riet der Chefingenieur des städtischen Umweltamtes, Bao Jingling, den Menschen, sich so weit wie möglich von den weit verstreuten Chemikalien nahe der Unglücksstelle aufzuhalten. Verschmutztes Wassers am Unglücksort soll abgepumpt und behandelt werden, um Platz für das Regenwasser zu machen. Allein in dem riesigen Krater seien «Zehntausende Tonnen» Wasser. Ein Schutzdamm werde verstärkt, um sich auf heftige Regenfälle vorzubereiten, sagte Bao Jinling.

Die Bewohner der nur eine Stunde von Peking entfernt gelegenen Metropole sorgen sich um giftige Stoffe in der Luft oder im Wasser. Die Behörden haben Messstationen eingerichtet und auch teils deutlich erhöhte Werte von giftigen Chemikalien gefunden. Doch wurde versichert, dass keine direkte Gefahr für Menschen bestehe.

Die Aufräumarbeiten in dem riesigen Trümmerfeld mit herumgewirbelten Containern, ausgebrannten Häusern und versprengten Chemikalien kamen langsamer als erwartet voran. Bergungstrupps mit Spezialisten brachten bis Montagabend rund 150 Tonnen gefährlicher Materialien in Sicherheit, wie Vizebürgermeister He Shushan berichtete. Ursprünglich hatten Beamte einen grossen Teil von 700 Tonnen giftigen Natrumcyanids in versprengten Behältern einsammeln und abtransportieren wollen.

Insgesamt 3000 gefährlicher Materialien waren in dem Gefahrgutlager, darunter 800 Tonnen Ammoniumnitrat und 500 Tonnen Kaliumnitrat, die ebenfalls stark toxisch und brandfördend sind. Beide werden auch zur Herstellung von Schiesspulver beziehungsweise Sprengstoff benutzt.

Mit einer Schweigeminute und Schiffssirenen gedachten die Menschen in Tianjin am Dienstag der Opfer. Der siebte Tag nach dem Tod ist in China traditionell der Trauertag.

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