Wenn die Wintersaison vorbei ist, wartet auf Carlo Danioth (48), Pisten- und Rettungschef in Andermatt UR, jeweils die nächste Herkulesaufgabe.
Im Mai deckt er den Firn des Gurschengletschers unterhalb der Bergstation am Gemsstock mit Vliesbahnen ab. «So schützen wir den Schnee vor der UV-Einstrahlung und verhindern, dass der Winterschnee zu schnell abschmilzt», sagt Danioth. Er ist kürzlich in seine 27. Wintersaison am Gemsstock gestartet.
Möglich ist das Abdecken der Gletscher nur punktuell, weil es sehr aufwendig und teuer ist. Danioth ist einer jener Schweizer, die tagtäglich mit dem Wandel des Klimas konfrontiert sind.
Heute beginnt in Paris der 21. Uno-Klimagipfel, an dem die 195 Mitgliedsländer eine neue Klimaschutz-Vereinbarung beschliessen wollen. Ein weiteres Mal will die Weltgemeinschaft einen Klimavertrag verhandeln, um den CO2-Ausstoss zu senken (siehe Glossar).
Viele sehen die Konferenz als allerletzte Chance, den Klimawandel so weit zu begrenzen, dass sich die Temperatur nicht um mehr als zwei Grad erhöht. Die Zeit drängt: Sinken die CO2-Emissionen in den nächsten 15 Jahren nicht, verfehlt die Menschheit dieses Ziel.
Für Carlo Danioth ist Paris weit weg, seine Probleme liegen gleich vor der Haustür. «Die Schneefallgrenze ist bei uns in den letzten 15 Jahren um 1000 Meter gestiegen», sagt der Pistenchef. Früher lag sie im Sommer und Herbst auf 2500, heute bereits auf 3500 Metern. «Stattdessen regnet es bis weit oben, und das beschleunigt die Eisschmelze.»
Die Gletscherspalten werden breiter, er muss sie mit Schnee auffüllen, damit sie kein Risiko für Skifahrer darstellen. «Pro Jahr verlieren wir einen bis eineinhalb Meter Gletschereis. Ohne Vlies wären es noch mehr.»
Eine gross angelegte Studie der Universität Bern zeigte im letzten Jahr auf, dass in 45 Jahren 60 bis 80 Prozent unserer Gletscher verschwunden sein werden. Als Danioth in Andermatt angefangen hat, blieb der Winterschnee den Sommer über liegen, das schützte das Gletschereis. Heute raubt ihn die immer wärmere Sommersonne.
Neben dem Gletscherschwund kämpft man in den Berggebieten mit dem schmelzenden Permafrost. Dieses Eis wirkt wie Leim zwischen den Steinen. Löst es sich auf, wird der Berg instabil, und alles kommt in Bewegung. «Wir haben deswegen deutlich mehr Felsstürze und Steinschläge», sagt Danioth.
Im Sommer und im Herbst, wenn keine Gäste in diesem Gebiet unterwegs sind, stecken er und seine Mitarbeiter deshalb Dynamitstangen in instabile Felspartien.
«Wir sprengen Felsen weg, die bereits ins Pistengebiet abgestürzt sind. So können wir sicherstellen, dass sie nicht während der Wintersaison abrutschen – und wir die Pisten bearbeiten können.»
Ebenfalls ins Wackeln kommen könnten die Masten der Pendelbahn und die Bergstation. Sie alle hat man einst im Permafrost verankert.
«Vor 25 Jahren rechnete noch niemand mit diesem rapiden Temperaturanstieg.» Die bedrohte Infrastruktur wird mit Mörtel und Felsankern fixiert und genau überwacht. Das bedeutet viel zusätzlichen Arbeitsaufwand. «Wir vermessen die Stellen permanent, um ihre Stabilität zu kontrollieren.»
Carlo Danioth macht sich keine Illusionen: Aufhalten lässt sich der Klimawandel nicht. «Wir sind der Natur ausgeliefert. Diesen Kampf können wir nicht gewinnen. Doch wenn wir uns zu helfen wissen, können wir die Auswirkungen mindern.»
... das Zwei-Grad-Ziel?
Die Erde darf sich um höchstens zwei Grad erwärmen, damit die Folgen einigermassen kontrollierbar bleiben. Erwärmt sie sich stärker, wird sie vielerorts unbewohnbar.
... das Kyoto-Protokoll?
Im Abkommen von 1997 verpflichten sich die Industrieländer, bis 2020 den CO2-Aus-stoss um 18 Prozent zu senken. Messbasis ist das Jahr 1990.
... die Klimapause?
Die Durchschnittstemperatur hat sich seit 15 Jahren nicht wesentlich erhöht, obwohl diese Jahre zu den heissesten gehörten. Eine solche Stagnation ist natürlich. Die Erde insgesamt erwärmt sich weiter.
... das Zwei-Grad-Ziel?
Die Erde darf sich um höchstens zwei Grad erwärmen, damit die Folgen einigermassen kontrollierbar bleiben. Erwärmt sie sich stärker, wird sie vielerorts unbewohnbar.
... das Kyoto-Protokoll?
Im Abkommen von 1997 verpflichten sich die Industrieländer, bis 2020 den CO2-Aus-stoss um 18 Prozent zu senken. Messbasis ist das Jahr 1990.
... die Klimapause?
Die Durchschnittstemperatur hat sich seit 15 Jahren nicht wesentlich erhöht, obwohl diese Jahre zu den heissesten gehörten. Eine solche Stagnation ist natürlich. Die Erde insgesamt erwärmt sich weiter.