«Das rechtspopulistische Bündnis ist gefährlich»
3:44
Matteo Renzi im Interview:«Das rechtspopulistische Bündnis ist gefährlich»

Analyse zur EU-Wahl
So haben die wichtigsten EU-Länder gestimmt

Populisten gewinnen, Volksparteien verlieren – und eine 16-jährige Schwedin wirbelt alles auf. So sieht die Europawahl auf den ersten Blick aus. Ein Land allerdings trotzt dem Trend.
Publiziert: 27.05.2019 um 21:51 Uhr
|
Aktualisiert: 28.05.2019 um 10:39 Uhr
1/31
Gute Laune bei Salvini: die Rechten haben europaweit zugelegt.
Foto: AFP
Fabienne Kinzelmann

Deutschland straft Groko ab

Historisch schlechte Ergebnisse für die deutschen Regierungsparteien, Triumph für die Grünen: Bei der Europawahl haben die Wähler Union und

SPD abgestraft. Besonders hart traf es die SPD, die von 27,3 auf 15,8 Prozent abstürzte und auf Platz drei hinter den Grünen landete. Die konnten dank dem Greta-Effekt ihren Wähleranteil von 2014 verdoppeln. 

Frankreich: Hohe Wahlbeteiligung nützt Rechtspopulisten

Laut offiziellen Angaben gingen 50,1 Prozent der Franzosen zur Wahl, acht Prozent mehr als 2014. Das nützt offenbar Frankreichs Rechtspopulisten – sie bleiben trotz leichter Einbussen stärkste Kraft. Wenn auch mit einem knapperen Vorsprung als beim letzten Mal. Nur 0,9 Prozentpunkte hinter Marine Le Pens (50) Rassemblement National (RN, einst Front National) liegt mit 22,4 Prozent Macrons erstmalig an der Europawahl teilnehmende Regierungspartei La République en Marche (LREM) – trotz Gelbwesten-Chaos.

Brexit spaltet Grossbritannien

Die Brexit-Partei ist in Grossbritannien als deutliche Siegerin hervorgegangen. Nach der Auszählung in rund 90 Prozent der Wahlbezirke erhielten die EU-Gegner um den Ex-Ukip-Politiker Nigel Farage (55) 31,6 Prozent der Stimmen. Farage pocht nun auf einen Platz am Brexit-Verhandlungstisch. Abgestraft wurden die Konservativen unter der scheidenden Premierministerin Theresa May (62): Sie landeten mit gerade einmal gut neun Prozent der Stimmen nur auf Platz fünf.

Italien steht hinter Salvini

Der Wahlkampf hat sich für Matteo Salvini (46) gelohnt – seine rechte Lega geht als stärkste Einzelpartei hervor. Laut Hochrechnungen schaffte es die Partei von sechs Prozent (2014) auf 30 Prozent der Stimmen. Das ist auch ein deutlicher Gewinn im Vergleich zu den Parlamentswahlen vom März 2018 – da waren es noch 17 Prozent.

Spanien trotzt dem Trend

Die Sozialisten sind in Spanien der grosse Sieger: Die Partei des amtierenden Regierungschefs Pedro Sánchez (47) kam auf rund 33 Prozent und wurde damit stärkste Kraft. Gemeinsam mit der konservativen Opposition (20,1 Prozent) machen die Volksparteien in Spanien im Vergleich zur Parlamentswahl von Ende April Boden gut und hätten zusammen wieder eine Mehrheit. Derweil wurden auch die Katalanen-Politiker Carles Puigdemont (56) und Oriol Junqueras (50) ins Europaparlament gewählt. Ob sie ihre Mandate antreten können, ist aber unklar – sie würden in Madrid vereidigt, in Spanien allerdings droht dem im Exil lebenden Puigdemont die Verhaftung. 

«Timmermans-Effekt» in den Niederlanden

In den Niederlanden ist der Greta-Effekt ausgeblieben. Dafür geht es den Sozialdemokraten nicht allzu schlecht. Der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten, Frans Timmermans (58), ist Niederländer – und machte in seinem Heimatland ordentlich Stimmen. Voraussichtlich gehen fünf der 26 niederländischen Sitze im Europaparlament an seine Partei. 

Sieg für Anti-Europäer in Polen

In Polen ist die rechtsnationalistische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) als stärkste Kraft hervorgegangen. Die Partei von Jaroslaw Kaczynski (69) bekam nach bisherigen Auszählungen rund 46 Prozent der Stimmen. Doch die Europa-Befürworter sind Kaczynski auf den Fersen. Das proeuropäische Bündnis aus mehreren Oppositionsparteien kommt bislang auf fast 38 Prozent.

Griechenland hat aus der Krise nichts gelernt

In Griechenland schwingt mit mehr als 30 Prozent die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) obenaus – jene Partei, die als hauptverantwortlich für die Schuldenkrise gilt. Die Wähler strafen aber offenbar lieber die linke Regierungspartei Syriza für harte Sparmassnahmen und Reformen der vergangenen Jahre ab: Syriza liegt rund neun Prozentpunkte hinter der ND. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras (44) hat darum vorgezogene Parlamentswahlen angekündigt.

Ungarn belohnt Orban-Kurs

Erst vor wenigen Wochen hat EVP-Fraktionschef Manfred Weber (46, CSU) Viktor Orbans (55) rechtsnationale Fidesz-Partei suspendiert – obwohl das auch heikel für seine eigene Wahl zum EU-Kommissionspräsidenten ist. Doch die Ungarn stört ihr antidemokratischer Ministerpräsident wohl nicht. Sie gingen zahlreich zur Wahl – und mit 52 Prozent der Stimmen konnte der zunehmend autoritär agierende Orban die Europawahl klar für sich entschieden (2014: 51 Prozent).

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?