Deutschland straft Groko ab
Historisch schlechte Ergebnisse für die deutschen Regierungsparteien, Triumph für die Grünen: Bei der Europawahl haben die Wähler Union und
SPD abgestraft. Besonders hart traf es die SPD, die von 27,3 auf 15,8 Prozent abstürzte und auf Platz drei hinter den Grünen landete. Die konnten dank dem Greta-Effekt ihren Wähleranteil von 2014 verdoppeln.
Frankreich: Hohe Wahlbeteiligung nützt Rechtspopulisten
Laut offiziellen Angaben gingen 50,1 Prozent der Franzosen zur Wahl, acht Prozent mehr als 2014. Das nützt offenbar Frankreichs Rechtspopulisten – sie bleiben trotz leichter Einbussen stärkste Kraft. Wenn auch mit einem knapperen Vorsprung als beim letzten Mal. Nur 0,9 Prozentpunkte hinter Marine Le Pens (50) Rassemblement National (RN, einst Front National) liegt mit 22,4 Prozent Macrons erstmalig an der Europawahl teilnehmende Regierungspartei La République en Marche (LREM) – trotz Gelbwesten-Chaos.
Brexit spaltet Grossbritannien
Die Brexit-Partei ist in Grossbritannien als deutliche Siegerin hervorgegangen. Nach der Auszählung in rund 90 Prozent der Wahlbezirke erhielten die EU-Gegner um den Ex-Ukip-Politiker Nigel Farage (55) 31,6 Prozent der Stimmen. Farage pocht nun auf einen Platz am Brexit-Verhandlungstisch. Abgestraft wurden die Konservativen unter der scheidenden Premierministerin Theresa May (62): Sie landeten mit gerade einmal gut neun Prozent der Stimmen nur auf Platz fünf.
Italien steht hinter Salvini
Der Wahlkampf hat sich für Matteo Salvini (46) gelohnt – seine rechte Lega geht als stärkste Einzelpartei hervor. Laut Hochrechnungen schaffte es die Partei von sechs Prozent (2014) auf 30 Prozent der Stimmen. Das ist auch ein deutlicher Gewinn im Vergleich zu den Parlamentswahlen vom März 2018 – da waren es noch 17 Prozent.
Spanien trotzt dem Trend
Die Sozialisten sind in Spanien der grosse Sieger: Die Partei des amtierenden Regierungschefs Pedro Sánchez (47) kam auf rund 33 Prozent und wurde damit stärkste Kraft. Gemeinsam mit der konservativen Opposition (20,1 Prozent) machen die Volksparteien in Spanien im Vergleich zur Parlamentswahl von Ende April Boden gut und hätten zusammen wieder eine Mehrheit. Derweil wurden auch die Katalanen-Politiker Carles Puigdemont (56) und Oriol Junqueras (50) ins Europaparlament gewählt. Ob sie ihre Mandate antreten können, ist aber unklar – sie würden in Madrid vereidigt, in Spanien allerdings droht dem im Exil lebenden Puigdemont die Verhaftung.
«Timmermans-Effekt» in den Niederlanden
In den Niederlanden ist der Greta-Effekt ausgeblieben. Dafür geht es den Sozialdemokraten nicht allzu schlecht. Der Spitzenkandidat der europäischen Sozialdemokraten, Frans Timmermans (58), ist Niederländer – und machte in seinem Heimatland ordentlich Stimmen. Voraussichtlich gehen fünf der 26 niederländischen Sitze im Europaparlament an seine Partei.
Sieg für Anti-Europäer in Polen
In Polen ist die rechtsnationalistische Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) als stärkste Kraft hervorgegangen. Die Partei von Jaroslaw Kaczynski (69) bekam nach bisherigen Auszählungen rund 46 Prozent der Stimmen. Doch die Europa-Befürworter sind Kaczynski auf den Fersen. Das proeuropäische Bündnis aus mehreren Oppositionsparteien kommt bislang auf fast 38 Prozent.
Griechenland hat aus der Krise nichts gelernt
In Griechenland schwingt mit mehr als 30 Prozent die konservative Oppositionspartei Nea Dimokratia (ND) obenaus – jene Partei, die als hauptverantwortlich für die Schuldenkrise gilt. Die Wähler strafen aber offenbar lieber die linke Regierungspartei Syriza für harte Sparmassnahmen und Reformen der vergangenen Jahre ab: Syriza liegt rund neun Prozentpunkte hinter der ND. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras (44) hat darum vorgezogene Parlamentswahlen angekündigt.
Ungarn belohnt Orban-Kurs
Erst vor wenigen Wochen hat EVP-Fraktionschef Manfred Weber (46, CSU) Viktor Orbans (55) rechtsnationale Fidesz-Partei suspendiert – obwohl das auch heikel für seine eigene Wahl zum EU-Kommissionspräsidenten ist. Doch die Ungarn stört ihr antidemokratischer Ministerpräsident wohl nicht. Sie gingen zahlreich zur Wahl – und mit 52 Prozent der Stimmen konnte der zunehmend autoritär agierende Orban die Europawahl klar für sich entschieden (2014: 51 Prozent).