Am Dienstagmorgen ist Grossbritannien sein politischer Hofnarr abhandengekommen, am Donnerstagabend hat das Land seine Königin verloren. Die Reaktionen auf die beiden Ereignisse könnten unterschiedlicher kaum sein: Während ein Grossteil des Inselvolks im Abgang des wuscheligen Premierministers Boris Johnson (58) eine Chance für einen Neuanfang sah, bedeutet der Tod von Königin Elizabeth II. (†96) erst einmal nichts als ein grosses, trauriges Ende.
Zu Ende geht die Regentschaft der amtsältesten Monarchin der Welt – nach 70 Jahren. Zu Ende geht eine Ära der für viele Briten beruhigenden Gewissheit, dass da über all den verqueren Figuren in ihrem politischen Kabinett eine Stimme der Vernunft thront. Zu Ende geht schliesslich die Ära der royalen Stabilität, in der die autoritäre Schlichterin im Buckingham Palace ihre zerstrittenen Enkel versöhnte und den mutmasslich straffälligen zweitgeborenen Andrew in die Schranken wies. Ohne Elizabeth II. droht die mächtigste Familie der britischen Insel endgültig auseinanderzubrechen.
Mit ihrer ruhigen Art und ihrem bestechenden Stil war die Monarchin dem krisengebeutelten Land bis zuletzt ein Vorbild. Jeder noch so ruppige Politiker, jedes noch so narzisstische Familienmitglied erstarrte in hochachtungsvollem Gehorsam, wenn die Queen ein Machtwort sprach.
Bis zuletzt führte sie ihre politischen Ämter ohne Makel aus. Mit ihrer allerletzten Amtshandlung überreichte sie der dritten Frau an der politischen Spitze Grossbritanniens den Auftrag zur Regierungsbildung. Selbst bei diesem Auftritt zwei Tage vor ihrem Tod lächelte die 96-Jährige. Sie wirkte zufrieden. Sie darf es sein.
Nach dem Ableben der Königin stehen den britischen Royals ungewisse Zeiten bevor. Es bräuchte ein royales Wunder, damit der unbeliebte Charles (73) die Königswürde direkt seinem ältesten Sohn William (40) weitergäbe. Nicht einmal die Hälfte der Briten hat ein positives Bild von Charles. Mit seiner Inthronisierung wird das britische Königshaus massiv an seiner wohltuenden Strahlkraft verlieren – ausgerechnet inmitten der aktuellen Megakrise, in der viele Briten den königlichen Halt so dringend nötig hätten.