Es gab Zeiten, da waren deutsche Panzer in Osteuropa höchst ungern gesehene Erscheinungen. Heute aber sind die rollenden Rheinmetall-Leoparde in Warschau oder Kiew so begehrt wie nichts anderes. Doch während Polen bereits mehrere der leistungsfähigsten Kampfpanzer der Welt in seinen Baracken stehen hat, muss die Ukraine weiter auf die Leopard-2-Panzer warten.
Berlin will nicht liefern – zumindest nicht, bevor alle anderen Neo-Alliierten auch liefern. Das hat man an der Zusammenkunft mit Verbündeten auf dem US-Armeestützpunkt Ramstein (D) am Freitag erneut betont.
Bern zeigt Berlin den «Scholzing»-Meister
Die Schweiz ist das allerletzte Land, das es sich leisten könnte, Bundeskanzler Olaf Scholz (64) für seine Zurückhaltung zu kritisieren. «Scholzing» – vom Historiker Timothy Garton Ash definiert als «gute Absichten zu kommunizieren und dann jeden vorstellbaren Grund zu erfinden, um diese zu verhindern» – beherrscht Bundesbern mit Blick auf militärische Hilfe für die Ukraine genauso gut wie der SPD-Kanzler.
Die Wirkungsstätten der Zögerlichkeit in Berlin und Bern seien deshalb zu gleichen Teilen daran erinnert: Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie kommt und bleibt nicht einfach so, wie das der US-Politologe Francis Fukuyama (70) einst prophezeit hatte. Die Demokratie muss sich mit Waffengewalt gegen alles verteidigen können, was nach ihr trachtet – ganz besonders in ihrem labilen Frühstadium während der mühsamen Metamorphose vom post-sowjetischen Korruptionshub zur westlich gesinnten Freiheitsnation.
Ohne Panzer wütet die Pandemie des Bösen weiter
Ohne Drohkulisse und massive Schutzvorkehrungen kann sich auch das moralische Richtige und Schöne nicht gegen die Hässlichkeiten dieser Welt durchsetzen. Selbst die Mona Lisa verschanzt sich hinter Panzerglas. Und der Papst liess die Schweizergarde gerade erst um 25 Spaliersteher auf ein Soll von 135 aufstocken.
Doch Panzerglas oder traditionell gewandete Hünen tun den Dienst für die Ukraine nicht. Sie braucht Kampfpanzer und Munition. Sie sind die «Impfung gegen die Tyrannei», wie Wolodimir Selenski (44) jüngst gesagt hat. Ohne sie wird die Pandemie des Bösen auch in diesem Jahr weiter wüten.