Als FBI-Chef braucht man eine gewisse Unabhängigkeit, um in Verfahren ordnungsgemäss ermitteln zu können. Donald Trump (70) versuchte immer wieder, freundschaftlichen Kontakt mit dem damaligen FBI-Chef James Comey (56) zu knüpfen. Doch der wollte unter keinen Umständen einen direkten Draht zum US-Präsidenten.
Das verrät Benjamin Wittes, ein Journalist, mit dem Comey im Vertrauen sprach, jetzt der «New York Times».
Ein kurioser Handschlag
Es existieren TV-Aufnahmen von einem Treffen der beiden Männer, die das seltsame Verhältnis zwischen Trump und Comey fast schon exemplarisch aufzeigen: Zwei Tage nach Trumps Amtseinführung bedankt sich der neue US-Präsident bei den Verantwortlichen für die Sicherheit während seiner Inauguration. Einer der geladenen Gäste ist James Comey.
Eigentlich wollte Comey gar nicht erscheinen, um seine Unabhängigkeit gegenüber dem US-Präsidenten zu wahren. Doch um das FBI zu repräsentieren, fühlte er sich verpflichtet, der Einladung zu folgen. Wittes erzählt, dass Comey innerlich gehofft habe, nicht mit dem Präsidenten sprechen zu müssen.
Dafür hatte der gross gewachsene Comey versucht, sich im Hintergrund zu halten, sich unsichtbar zu machen. Mit dunkelblauem Anzug platzierte sich der FBI-Chef vor einem blauen Vorhang. Der Plan scheiterte. «Hier haben wir Jim», sagte Trump mit lauter Stimme. Daraufhin musste Comey vor der Presse einige Meter zum Präsidenten schreiten, um sich Trumps Glückwünsche abzuholen.
Nur kurz die Hand schütteln und eine Umarmung verhindern – das war Comeys Plan im Blue Room des Weissen Hauses. Also streckte er seinen langen rechten Arm demonstrativ nach vorne Richtung Trump. Am Ende schüttelten sich die beiden Männer die Hand, Trump versuchte trotzdem, den FBI-Chef herzlich zu drücken. «Wenn man sich das Video ansieht, erkennt man, dass eine Person die Hand schüttelt, während die andere umarmt», analysiert Wittes die Szene.
Trump verlangte Loyalität
Trump war auch in den folgenden Wochen bemüht, eine freundschaftliche Beziehung zu Comey aufzubauen, während dieser seine Integrität in Gefahr sah. «Immer wieder hat Trump versucht, ihn auf seine Seite zu ziehen», sagt Wittes.
Mit mehreren Anrufen in Comeys Büro und einer Einladung zum Essen wollte Trump den damaligen FBI-Chef von sich überzeugen. Während des Dinners verlangte Trump, dass Comey ihm seine Loyalität zusicherte. Comey lehnte ab, sicherte ihm lediglich absolute «Ehrlichkeit» zu.
Comeys Angst, die Regeln der Gewaltentrennung zu verletzen, gipfelten darin, dass er zuhanden seiner Administration fein säuberlich jeden Kontakt mit Trump protokollierte: Bis hin zu jenem, in dem der Präsident versuchte, das Verfahren wegen der Russland-Kontakte seines ehemaligen Beraters Michael Flynn auf kurzem Weg zu stoppen (BLICK berichtete).
Womöglich begriff Trump am Ende, dass Comey um jeden Preis seine Unabhängigkeit bewahren wollte. Anfang Mai feuerte Trump den FBI-Chef schliesslich. Nun ermittelt der als knallhart bekannte Robert Mueller in der Russland-Affäre. (jmh)