Heute stapeln sich auf dem Tisch Notizen, schriftliche Antworten aller möglichen Institutionen, Registerauszüge. Vor einem Jahr lag dort ein angefangenes Buch über die italienische Mafia neben einer brennenden Kerze. Es war der Arbeitsplatz unseres Kollegen Jan Kuciak.
Er, der im Daten-Dschungel öffentlicher Register verdächtige Geldströme ausfindig machte, und die Mächtigen mit seinen Recherchen aufscheuchte, wurde am 21. Februar 2018 gemeinsam mit seiner Verlobten Martina Kusnirova ermordet.
«Uns alle können sie nicht töten»
Die Tragödie erschütterte das Land und «aktuality.sk» – der Verlust für unser Team, das schon fast wie eine Familie ist, war fast unerträglich. Schmerz, Trauer, Wut. «Uns alle können sie nicht töten», wiederholte Chefredaktor Peter Bardy immer wieder.
Unser Verleger, Ringier Axel Springer, brachte Journalisten aus verschiedenen Ländern nach Bratislava, um uns zu unterstützen, und initiierte den Hashtag #allforjan – «alle für Jan». Der Slogan verbreitete sich online und dann durch Ansteckbroschen auf Mänteln in der ganzen Slowakei.
Falls der Auftraggeber des Mordes uns und andere Journalisten einschüchtern wollte, darf man heute sagen: Er hatte keine Ahnung, wie falsch er damit lag.
Mehr Informanten, grösseres Investigativ-Team
Unser Investigativ-Team wurde ausgebaut. Wir haben immer mehr Arbeit, weil der Mord jene zum Sprechen brachte, die jahrelang geschwiegen hatten. Viele Informanten bezeugen, wie die Mächtigen den Staat unter sich aufteilen.
Der Mord an Kuciak und seine posthum veröffentlichte Reportage, die unter anderem Mafia-Verbindungen ins Büro des Regierungschefs nachwies, brachten so viele Menschen auf die Strasse wie seit der Samtenen Revolution 1989 nicht mehr. Die Menschen demonstrierten für eine saubere Aufklärung des Mordes und begannen, den Rücktritt der Regierung zu fordern. Die Organisatoren der Demos sagten: «Wir repräsentierten von Anfang an die zivile Stimme, und wir sind stolz auf das, was diese Stimme erreicht hat.»
Tatsächlich traten Regierungschef Robert Fico und auch andere Politiker zurück. Auch der Polizeiapparat wurde umgebaut. Das führte nach zu Beginn schleppenden Ermittlungen zu Erfolgen: Letzten September wurden Verdächtige gefasst. Vier von ihnen sitzen in Haft. Der Ermittlungen gehen weiter.
Organisierte Kriminalität und verantwortungslose Politiker
Seit dem Mord ist ein Jahr vergangen, doch gewonnen ist noch nichts. Wir können nicht sagen, dass wir in einer besseren Slowakei leben. Noch versuchen die organisierte Kriminalität und verantwortungslose Politiker, die eigene Position abzusichern und ihr Wohlergehen vor das der Bürger zu stellen.
Das Volk hat bisher mehr getan als die Politik. Noch immer spielen Stimmen aus der Regierungskoalition den Mord herunter. Einige stellen die Bemühungen in Frage, die Gesellschaft vom Einfluss der Oligarchen, von Vetterliwirtschaft und Korruption zu säubern – also jene Dinge, die es erst möglich machten, dass sich jemand für den Mord an Jan Kuciak entschied.
Dieser Mord lehrt, dass es nicht wert ist aufzugeben. Aber auch, dass es nicht einfach ist, Veränderungen wirklich umzusetzen. Die Slowakei könnte nach dem Mord aufwachen und den Weg einschlagen zu einer rechtschaffeneren Gesellschaft. Könnte.
Velka Maca (Slowakei) – Der slowakische Journalist Jan Kuciak wurde am 21. Februar 2018 mit seiner Verlobten Martina Kusnirova ermordet. Kuciak hatte in einer Recherche Mafia-Verbindungen ins Büro des Regierungschefs nachgewiesen. Die Bluttat brachten so viele Menschen auf die Strasse wie seit der Samtenen Revolution 1989 nicht mehr. In der Folge traten Regierungschef Robert Fico und auch andere Politiker zurück. Auch der Polizeiapparat wurde umgebaut. Im September 2018 wurden vier Verdächtige verhaftet.
Velka Maca (Slowakei) – Der slowakische Journalist Jan Kuciak wurde am 21. Februar 2018 mit seiner Verlobten Martina Kusnirova ermordet. Kuciak hatte in einer Recherche Mafia-Verbindungen ins Büro des Regierungschefs nachgewiesen. Die Bluttat brachten so viele Menschen auf die Strasse wie seit der Samtenen Revolution 1989 nicht mehr. In der Folge traten Regierungschef Robert Fico und auch andere Politiker zurück. Auch der Polizeiapparat wurde umgebaut. Im September 2018 wurden vier Verdächtige verhaftet.