Der Südsudan ist erst seit 2011 ein unabhängiger Staat. Nach jahrzehntelangen immer wieder aufflammenden Konflikten trennte sich der erdölreiche Südsudan vom armen Norden, der in der Folge die Bezeichnung «Sudan» allein für sich beanspruchte. Der Frieden währte nicht lange: 2013 brach im Südsudan ein Bürgerkrieg aus, der bis heute andauert.
Papst Franziskus versucht nun mit einer sehr ungewöhnlichen Geste, Frieden in das zerrissene vorwiegend christliche Land zu bringen: Bei einem Besuch der Anführer der Konfliktparteien im Vatikan ging er vor beiden in die Knie, küsste ihnen die Füsse – und verlor dabei sogar sein Käppi, den sogenannten Pileolus.
Geschenk von George W. Bush
Bei den südsudanesischen Bürgerkriegsparteien handelt es sich einerseits um die Armee des früheren Rebellenführers und heutigen Präsidenten des Landes, Salva Kiir. Sein Markenzeichen ist ein schwarzer Cowboyhut, den er einst vom früheren US-Präsidenten George W. Bush erhielt. Kiir gehört zum Volk der Dinka und hat den Westen des Landes und die Hauptstadt Juba unter Kontrolle.
Sein Widersacher ist der ehemalige Vizepräsident Riek Machar, der zum Volk der Dok-Nuer gehört und Gebiete im Osten des Südsudans kontrolliert. Sie beide führen die zwei grössten Volksgruppen in ihrem Land an.
Der Bürgerkrieg im Südsudan hat Schätzungen zufolge bereits mehreren Hunderttausend Menschen das Leben gekostet. Rund vier Millionen Menschen sind innerhalb des Landes und in den Nachbarstaaten auf der Flucht. Im Südsudan herrschen infolge des Bürgerkriegs immer wieder Hungersnöte.
«Bleibt im Frieden»
Das «geistliche Rückzugsgespräch» mit Papst Franziskus fand am Mittwoch statt und war laut Vatikan eine «gewinnbringende Gelegenheit zur Reflexion und zum Gebet». Franziskus sagte zu den beiden Kriegsherren: «Euch, die ihr den Friedensvertrag unterzeichnet habt, bitte ich als ein Bruder: Bleibt im Frieden. Ich bitte euch von Herzen, gehen wir voran.»
Ob die Gebete erhört werden, wird sich weisen. Optimistisch stimmt, dass am 12. Mai eine Übergangsregierung eingesetzt werden soll. Doch den beiden Anführern entgleitet je länger desto mehr die Kontrolle über ihre Gebiete – viele ihrer Kampftruppen haben inzwischen selbstbewusste Warlords an der Spitze. Diese agieren zunehmend unabhängig und profitieren finanziell vom Bürgerkrieg, weil sie die reichhaltigen Bodenschätze des Landes auf eigene Faust ausbeuten. (noo)