Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hat Fehler im Umgang mit dem Satiriker Jan Böhmermann eingeräumt. Ihre Kritik an dessen Schmähgedicht («bewusst verletzend») habe zum Eindruck geführt, ihr seien Meinungs- und Pressefreiheit nicht mehr wichtig, sagte Merkel in Berlin. Das sei aber nicht so.
Die Kanzlerin verteidigte zugleich ihre umstrittene Entscheidung als nach wie vor richtig, die deutsche Justiz ermächtigt zu haben, gegen Böhmermann wegen Beleidigung des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan zu ermitteln.
Sie ärgere sich darüber, dass sie Böhmermanns Gedicht Anfang April als «bewusst verletzend» bezeichnet habe und damit der Eindruck entstanden sei, dass hier ihre «persönliche Bewertung zu irgendetwas etwas zählt».
«Das war im Rückblick betrachtet ein Fehler», räumte Merkel nach einem Treffen mit den Ministerpräsidenten der Länder ein.
Persönliche Bewertung brachte Kritik
Ihre Äusserung zu Böhmermann hatte der Kanzlerin in Deutschland deutliche Kritik eingebracht, weil sie in diesem brisanten Fall eine persönliche Bewertung zu den Grenzen von Satire abgegeben habe.
Wenn es um Menschenrechte und Werte gehe, könne dies öffentlich angesprochen werden oder auch intern. Beides finde gleichermassen in politischen Gesprächen statt und werde es auch weiter geben. «Aber Menschenrechte, Freiheitsrechte, Pressefreiheit sind unverzichtbare Güter», sagte die Kanzlerin vor ihrem Treffen an diesem Samstag mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu.
Am Freitag vergangener Woche hatte Merkel mit ihrer Ermächtigung zur Strafverfolgung einem Antrag des türkischen Präsidenten Erdogan stattgegeben – und setzte sich zugleich mit einem Machtwort über den Willen Ihres Koalitionspartners SPD hinweg.
Zu der Ermächtigung sagte Merkel jetzt: «Die halte ich nach wie vor für richtig». Sie ermögliche, dass deutsche Gerichte mit Annahme der Unschuldsvermutung korrekt entscheiden könnten.
Zur Überprüfung des EU-Pakts mit Ankara besucht Merkel mit Brüsseler Spitzenpolitikern Flüchtlinge an diesem Samstag das südosttürkische Grenzgebiet zu Syrien. Die Kanzlerin verteidigte das Abkommen mit der Türkei als «absolut richtig und wichtig». (bau/SDA)