Insgesamt sechs Tage wollen die Parteitags-Delegierten der AfD in der nächsten und der übernächsten Woche in Magdeburg über eine inhaltliche Positionsbestimmung beraten. Im Zentrum steht die Verabschiedung eines Programms für die Europawahl 2024. Der 92-seitige Entwurf der Programmkommission läuft auf eine radikale Umgestaltung der europäischen Politik hinaus. Die zentralen Punkte:
Mit der versehentlichen Forderung nach Auflösung der EU hat die AfD-Führung vor dem Parteitag für Verwunderung gesorgt: «Wir streben daher die geordnete Auflösung der EU an», heisst es in dem Leitantrag. Davon rückte die Parteispitze wieder ab: Die Forderung sei durch ein «redaktionelles Versehen» in den Text geraten. Vor dem Parteitag konnte der Antrag allerdings aus Fristgründen nicht mehr geändert werden. Nun wird es den Delegierten in Magdeburg obliegen, den Satz auf Bitten der AfD-Spitze per Parteitagsvotum wieder zu streichen.
Sie wollen die EU umbauen
Keine Auflösung also - aber eine Art Neugründung der EU: «Wir wollen eine neue europäische Wirtschafts- und Interessengemeinschaft gründen, einen Bund europäischer Nationen», heisst es im Programmentwurf. Ausdrücklich lehnt die AfD das Ziel eines «europäischen Bundesstaats» ab: «Ein solches Gebilde verfügt weder über ein Staatsvolk, noch über das erforderliche Mindestmass an kultureller Identität, welche notwendige Voraussetzungen für gelingende Staaten sind.»
Die Argumentation der AfD dreht sich stark um Begriffe wie «Nation», «Souveränität» und «Identität». Allein die Begriffe «Nation» und «national» tauchen 145 Mal in dem Wahlprogramm auf. Entscheidungen sollen nicht in Brüssel gefällt werden, sondern von der Nationalstaaten. Ein Paradox: Die AfD fordert in dem Wahlprogramm die Auflösung des EU-Parlaments - also jenes Parlaments, in dem sie ja mit diesem Wahlprogramm wieder Mandate gewinnen will. Die Kompetenzen des Parlaments sollen bis zu einer nicht näher erläuterten «Neuordnung der Verhältnisse» an die Nationalstaaten übergehen.
Islam sei «Gefahr für Europa»
Gleich in der Präambel des Programms ist von «globalistisch eingestellten Eliten» die Rede, die sich der EU bemächtigt hätten. Es greift damit einen in Rechtsaussen-Kreisen gängigen Feindbild-Begriff auf: «Globale Eliten», die sich gegen die «normalen Bürger» verschworen hätten.
Ein weiteres Feindbild sieht die AfD im Islam, den sie als «Gefahr für Europa» einstuft. Der Islam sei «mit den europäischen Grundprinzipien von Recht, Freiheit und Demokratie nicht in Einklang zu bringen». Auch deshalb müsse die Zuwanderung «massiv beschränkt» werden - auch mithilfe der «Errichtung physischer Barrieren» an den EU-Aussengrenzen.
Keine Verurteilung Russlands
Eine ausdrückliche Verurteilung des russischen Angriffskriegs findet sich in dem Wahlprogramm nicht. Es enthält lediglich die Feststellung: «Die russische Invasion in der Ukraine hat unter den Betroffenen viel Leid erzeugt.» Die AfD fordert eine Wiederannäherung an Russland. Die Wirtschaftssanktionen müssten «sofort» beendet werden.
Zu den USA geht die AfD auf Distanz: Deren Interessen «unterscheiden sich in zunehmendem Masse von denen Deutschlands». Und weiter: «Deutschland und Europa dürfen sich nicht zu Gefolgsleuten einer Grossmacht reduzieren lassen.»
Gegen Homo-Ehe, Abtreibung und Klimawandel
«Wir unterstützen es, wenn Menschen traditionelle Geschlechterrollen leben»: In dem Programm gibt sich die AfD als Hüterin traditioneller Familienbilder. Das Recht auf Abtreibung will sie weitgehend einschränken auf «absolute Ausnahmen» - etwa aus medizinischen Gründen oder bei Vergewaltigungen. Die Homo-Ehe lehnt die AfD ab, fordert aber auch «Respekt» für «andere Formen des Zusammenlebens als die Ehe zwischen Mann und Frau».
Die AfD lehnt Massnahmen im Kampf gegen die Erderwärmung ab. «Wir teilen die irrationale CO2-Hysterie nicht, die unsere Gesellschaft, Kultur und Lebensweise strukturell zerstört», heisst es in dem Programm. Das Klima habe sich «seit dem Bestehen der Erde» stets gewandelt. «Die jetzigen klimatischen Veränderungen ordnen sich vollkommen normal in diese Wechsel ein.» Die EU-Vorgaben zur Reduzierung des CO2-Ausstosses wertet die AfD als «Dystopie eines ökosozialistischen Brüsseler Haftungs- und Umverteilungsstaats». (SDA)