Äussert «Erstaunen» in scharfem Brief an Berlin
Meloni beschwert sich bei Scholz wegen deutscher Gelder für Flüchtlingshilfe

In einem scharfen Brief an Olaf Scholz kritisiert Giorgia Meloni Deutschlands Finanzhilfe für die Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer.
Publiziert: 26.09.2023 um 04:34 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2023 um 07:27 Uhr
In einem Brief an die deutsche Bundesregierung fragt die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni Bundeskanzler Olaf Scholz, weshalb Deutschland Finanzhilfe an Flüchtlinge leiste – deren Zahl in diesem Jahr massiv angestiegen ist.
Foto: Anadolu Agency via Getty Images

Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (46) hat sich in einem Brief bei Bundeskanzler Olaf Scholz (65, SPD) wegen deutscher Gelder für Organisationen beschwert, die Flüchtlingshilfe in ihrem Land leisten. In einem auf Samstag datierten Schreiben erklärte die rechte Regierungschefin, dass Hilfe an Land besser in Deutschland als in Italien geleistet werden sollte. Die Bundesregierung zeigte sich nach Kritik aus Rom am Montag demonstrativ gelassen.

Deutschland gerät wegen Migrationspolitik in Brüssel unter Druck

Die Bundesregierung gerät wegen ihrer Ablehnung von Vorschlägen zur geplanten Reform des EU-Asylsystems zunehmend unter Druck europäischer Partner. Die Position Berlins sei massgeblich dafür verantwortlich, dass notwendige Verhandlungen mit dem Europaparlament derzeit blockiert seien, sagten mehrere Diplomaten und EU-Beamte der Deutschen Presse-Agentur vor einem Innenministertreffen an diesem Donnerstag. Wenn es eine Chance geben solle, die Asylreform noch vor der Europawahl zu beschliessen, müsse sich die Bundesregierung bewegen und dem Vorschlag für die sogenannte Krisenverordnung zustimmen.

Die Bundesregierung gerät wegen ihrer Ablehnung von Vorschlägen zur geplanten Reform des EU-Asylsystems zunehmend unter Druck europäischer Partner. Die Position Berlins sei massgeblich dafür verantwortlich, dass notwendige Verhandlungen mit dem Europaparlament derzeit blockiert seien, sagten mehrere Diplomaten und EU-Beamte der Deutschen Presse-Agentur vor einem Innenministertreffen an diesem Donnerstag. Wenn es eine Chance geben solle, die Asylreform noch vor der Europawahl zu beschliessen, müsse sich die Bundesregierung bewegen und dem Vorschlag für die sogenannte Krisenverordnung zustimmen.

«Ich habe mit Erstaunen erfahren, dass Ihre Regierung, ohne sich mit der italienischen Regierung abzustimmen, beschlossen hat, erhebliche Mittel für Nichtregierungsorganisationen bereitzustellen, die an der Aufnahme von irregulären Migranten auf italienischem Gebiet und in der Rettung im Mittelmeer arbeiten», schrieb Meloni in ihrem Brief an Scholz. EU-Länder, die Italien helfen wollten, sollten sich besser auf «strukturelle Lösungen» wie die Zusammenarbeit mit Transitländern konzentrieren, um die Einreisen zu stoppen.

Die Regierungschefin wiederholte überdies den Vorwurf, dass Seenotrettungsorganisationen einen «Pull-Faktor» für Migranten bei der Überfahrt des Mittelmeers von Nordafrika darstellten. Nichtregierungsorganisationen weisen dieses Argument zurück.

2023 bereits doppelt so viele Flüchtlinge in Italien wie im Vorjahr

Melonis Partei Fratelli d'Italia (FDI) hatte die Parlamentswahl in Italien im September vergangenen Jahres vor allem mit dem Versprechen gewonnen, der Zuwanderung zu verhindern. Seit dem Beginn dieses Jahres sind nach Zahlen des italienischen Innenministeriums aber mehr als 130'000 Migranten in Italien angekommen – das sind schon jetzt fast doppelt so viele wie im gesamten Jahr 2022.

Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin verwies darauf, dass die Bundesregierung derzeit eine vom Bundestag festgelegte finanzielle Förderung umsetze. Mit dieser würden sowohl die zivile Seenotrettung auf See als auch Projekte an Land für aus Seenot Gerettete gefördert.

Berlin unterstützt mit Hunderttausenden Euro

In zwei Fällen stehe die Auszahlung der Mittel in Höhe von jeweils zwischen 400'000 und 800'000 Euro «in Kürze» bevor, hatte ein Sprecher des Auswärtigen Amts der Nachrichtenagentur AFP gesagt. Es handele sich dabei um ein Projekt zur Versorgung von aus Seenot Geretteten in Italien an Land und ein Projekt einer Nichtregierungsorganisation zu Rettungsmassnahmen auf See.

Deutschland fördere Menschenhandel

Der italienische Verteidigungsminister Guido Crosetto (60) hatte der Zeitung «La Stampa» am Sonntag gesagt, der Schritt bringe Italien «in Schwierigkeiten». In einer Erklärung fügte er hinzu: «Wenn Deutschland sich um das Schicksal von Menschen in Not kümmern und uns wirklich helfen wollte, Leben zu retten, könnte es uns unterstützen, ernsthaft gegen Kriminelle vorzugehen, die Menschenhandel betreiben.»

Die deutsche Bundesregierung hatte das Programm zur freiwilligen Aufnahme von Migranten aus Italien im August ausgesetzt – auch aus Protest dagegen, dass Italien sich derzeit gegen die Rücknahme von Asylsuchenden nach den sogenannten Dublin-Regeln sperrt. Ein Anstieg der Ankünfte auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa hatte die europäische Diskussion um den Umgang mit Migration befeuert. (AFP)

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