Abzug bis 31. August
Biden hält an Afghanistan-Zeitplan fest

Die USA halten vorerst an dem Plan fest, ihre Truppen bis zum 31. August aus Afghanistan abzuziehen.
Publiziert: 25.08.2021 um 06:44 Uhr
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Aktualisiert: 25.08.2021 um 06:45 Uhr
Joe Biden, Präsident der USA, spricht im Roosevelt Room des Weißen Hauses. Foto: Manuel Balce Ceneta/AP/dpa
Foto: Manuel Balce Ceneta

Wie das Weisse Haus mitteilte, erklärte US-Präsident Joe Biden am Dienstag bei der Videoschalte der G7-Staats- und Regierungschefs, dass die Vereinigten Staaten momentan im Zeitplan seien, die gesetzte Frist einzuhalten. Biden habe zugleich klar gemacht, dass das Ende des Einsatzes von der Erfüllung der US-Ziele abhänge. Er habe das Aussen- und Verteidigungsministerium angewiesen, Alternativpläne zu erarbeiten, «um den Zeitplan anzupassen, falls das nötig sein sollte». Der laufende internationale Militäreinsatz zur Evakuierung westlicher Staatsbürger, afghanischer Ortskräfte und anderer Schutzbedürftiger ist von der US-Truppenpräsenz abhängig.

Das US-Militär kontrolliert derzeit den Flughafen in der afghanischen Hauptstadt Kabul und sichert die internationale Evakuierungsmission mit aktuell rund 5800 Soldaten ab. Die verbliebenen internationalen Kräfte am Airport sind bei ihren Evakuierungsaktionen auf den Schutz durch US-Truppen angewiesen. Die europäischen Verbündeten in London, Paris und Berlin hatten auf eine Verlängerung der Mission gedrängt, da es fraglich ist, ob es gelingt, innerhalb der verbleibenden Tage bis zum Monatsende alle westlichen Staatsbürger, afghanischen Helfer und anderen Schutzbedürftigen ausser Landes zu bringen.

Biden liess sich jedoch vorerst nicht dazu bringen, seinen Zeitplan abzuändern. Der Abschluss des Einsatzes hänge auch von der «anhaltenden Koordinierung mit den Taliban ab», inklusive des Zugangs zum Flughafen für jene, die evakuiert werden sollen, erklärte die Sprecherin des Weissen Hauses, Jen Psaki, in einer schriftlichen Stellungnahme. Biden habe in der Schalte mit den G7-Partnern auch betont, dass das Risiko der Mission angesichts der zunehmenden Bedrohung durch einen örtlichen Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat jeden Tag zunehme. Eine öffentliche Ansprache von Biden selbst wiederum wurde am Dienstag mehrfach verschoben - um mehrere Stunden.

Bidens Nationaler Sicherheitsberater, Jake Sullivan, hatte am Wochenende gesagt, die Bedrohung durch einen möglichen Anschlag eines Anschlags der Terrormiliz IS am Flughafen Kabul oder in der Umgebung sei «akut». Auch die Bundeswehr ist deswegen in Sorge. Man habe Signale aus amerikanischen Quellen, aber auch eigene Erkenntnisse, dass zunehmend potenzielle Selbstmordattentäter des IS «in die Stadt einsickern», sagte Generalinspekteur Eberhard Zorn in Berlin.

Biden hatte vor Monaten versprochen, bis Ende August alle amerikanischen Truppen aus Afghanistan abzuziehen. Die militant-islamistischen Taliban, die fast alle Landesteile Afghanistans sowie die Hauptstadt Kabul - bis auf den Flughafen - kontrollieren, pochten darauf, dass sich die Amerikaner an die Zusage halten. Die Islamisten machten zuletzt mehrfach klar, dass sie eine weitere Präsenz westlicher Streitkräfte nicht dulden würden.

Bereits am Montag hatte ein Taliban-Vertreter die für den 31. August gesetzte Frist als «rote Linie» bezeichnet. Am Dienstag sagte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid: «Wir wollen, dass alle Ausländer bis zum 31. August evakuiert werden.» Er wandte sich zugleich dagegen, dass nun viele gebildete Afghanen das Land verliessen. Man brauche diese, um Afghanistan wieder aufzubauen.

Der britische Premierminister Boris Johnson forderte die Taliban auf, Ausreisewilligen auch nach dem Abzug westlicher Truppen aus Afghanistan freies Geleit zu gewähren. Auch EU-Ratspräsident Charles Michel mahnte, es müsse ein «fairen und gerechten Zugang» zum Flughafen für alle Menschen geben, die ein Anrecht darauf hätten, in Sicherheit gebracht zu werden. Michel forderte Biden auch erneut auf, sich in der Frage des Abzugs flexibel zu zeigen. Es sei nötig, den Flughafen so lange wie nötig zu sichern, um die Evakuierungen abzuschliessen. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte nach Angaben der Bündniszentrale bei den G7-Beratungen für einen Weiterbetrieb des Flughafens in Kabul geworben.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte, dass man auch nach Ende des von den USA abgesicherten Militäreinsatzes versuchen wolle, Menschen aus Afghanistan auszufliegen. Deswegen gebe es jetzt «sehr intensive» Gespräche über den Weiterbetrieb des Flughafens. Aussenminister Heiko Maas (SPD) hatte zuvor gesagt, dass darüber auch mit den Taliban gesprochen werde. «Die Vorstellungen der Taliban spielen natürlich eine Rolle, weil sie Kabul kontrollieren», sagte Merkel. Aber wie verlässlich die Taliban als Verhandlungspartner sind, ist die Frage.

Die Vereinten Nationen zeigten sich am Dienstag beunruhigt über Berichte von Menschenrechtsverletzungen seit der Machtübernahme der Taliban. Darunter seien Massenhinrichtungen von Zivilisten und Angehörigen regierungstreuer Sicherheitskräfte, sagte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, in Genf.

Seit der Machtübernahme der Taliban in Kabul vor etwa einer Woche sind westliche Staaten eilig dabei, ihre Staatsbürger, afghanische Ortskräfte, die für ihre Truppen gearbeitet haben, und weitere Schutzbedürftige auszufliegen. Zehntausende haben es bereits aus dem Land geschafft. Noch immer warten jedoch Tausende Menschen auf eine Evakuierung. Sollten sich westlichen Truppen in wenigen Tagen zurückziehen, dürfte das bedeuten, dass unzählige Menschen zurück bleiben, die unter der Taliban-Herrschaft um ihr Leben fürchten.

Das Zeitfenster, um Menschen in Sicherheit zu bringen, dürfte sich noch weiter verkürzen, da die Amerikaner selbst noch ihre mehreren Tausend Soldaten sowie Ausrüstung ausser Landes schaffen müssen. Pentagon-Sprecher John Kirby sagte am Dienstag, dies dauere «mindestens mehrere Tage». Es sei das Ziel, die Ausrüstung ebenso wie die Truppen wieder auszufliegen. Falls das nicht möglich sei und militärisches Equipment zerstört oder anderweitig «entsorgt» werden müsse, dann werde das gemacht. Ziel eines solchen Schrittes wäre es, Waffen und anderes Material nicht den Taliban zu überlassen.

(SDA)

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