Abstimmung
Paris entscheidet über autofreie Strassen

Paris stimmt heute über die Zukunft des Autoverkehrs ab. Die Bürger entscheiden, ob 500 Strassen autofrei werden sollen, was 10'000 Parkplätze kosten würde. Die Abstimmung spaltet die Stadt zwischen Befürwortern der Verkehrswende und Kritikern der Einschränkungen.
Publiziert: 23.03.2025 um 01:08 Uhr
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Aktualisiert: 23.03.2025 um 09:32 Uhr
Das Pariser Rathaus organisiert am 23. März 2025 eine öffentliche Abstimmung. Die Bevölkerung wird gebeten, für oder gegen die Begrünung und Fussgängerzone von 500 Strassen zu stimmen.
Foto: Keystone
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SDASchweizerische Depeschenagentur

Schmale Fusswege, überall parkende Wagen am Strassenrand und kein Radweg: Etliche Strassen in Paris sind trotz Verkehrswende noch immer vor allem auf Autos ausgerichtet. Das könnte sich nun stückweise ändern: Die Pariserinnen und Pariser können heute darüber abstimmen, ob Autos aus Hunderten Strassen der Stadt verbannt werden sollen. Mitbestimmung, Raum für die Bürger und weniger Verschmutzung schwärmen die einen. Propaganda, hohe Kosten und krasse Einschränkungen schimpfen die anderen.

Pariser gehen gerne zu Fuss - Autoverkehr seit 2002 gesunken

Am häufigsten sind die Menschen in Paris zu Fuss unterwegs. Nach Angaben der Stadt legen sie fast zwei Drittel ihrer Wege gehend zurück. Das Auto werde auf innerstädtischen Strecken nur selten genutzt, nehme aber noch immer mehr als die Hälfte des öffentlichen Raums ein.

Seit 2002 ist der Autoverkehr in Paris um fast 50 Prozent gesunken. Die Zeiten, in denen Autos etwa direkt neben der Seine entlangfuhren, sind längst vorbei. Und auch auf zahlreichen grossen Strassen, die die Stadt durchziehen, mussten Fahrspuren Radwegen und breiteren Fusswegen weichen.

Pariser Rathaus sehr um Verkehrswende bemüht

In grossen Teilen der sozialistisch regierten Stadt gilt nun Tempo 30, in der Innenstadt ist neuerdings eine Zone für den Durchgangsverkehr gesperrt, an Sonntagen gehören hier und dort Strassen Radlern und Fussgängern. Und schon jetzt sind rund 220 der mehr als 6000 Pariser Strassen autofreie Zone – viele von ihnen in der Nähe von Schulen.

Paris geht es dabei auch um Anpassung an den Klimawandel. Die Fussgängerzonen sind kleine grüne Orte in der sonst dicht bebauten Stadt. Paris hat inzwischen erheblich weniger mit schlechter Luft zu kämpfen als noch vor zehn Jahren.

Zwischen 9 Uhr und 19 Uhr können die knapp 1,4 Millionen eingetragenen Wählerinnen und Wähler nun entscheiden, ob 500 weitere Strassen in der ganzen Stadt bepflanzt und zur autofreien Zone gemacht werden sollen. 10'000 Parkplätze würden damit wegfallen, Autofahrer müssten sich auf Umwege einstellen. Erstmals dürfen auch 16- und 17-Jährige mitwählen. Das Ergebnis wird am späten Abend erwartet.

Jedes Arrondissement könnte 25 neue Fussgängerstrassen bekommen

Sollten die Pariser sich bei der Bürgerbefragung für die autofreien Strassen aussprechen, könnten davon in jedem der 20 Arrondissements, also Stadtbezirke, bald circa 25 weitere entstehen. Welche Strassen genau das sein könnten, steht noch nicht fest. Die Umsetzung würde laut dem stellvertretenden Pariser Bürgermeister Patrick Bloche (68) wohl etwa drei bis vier Jahre dauern.

Jedoch: Im kommenden Jahr stehen in Paris Wahlen an. Möglich, dass dann die konservativen Pariser Kräfte das Rathaus von der bisherigen sozialistischen Bürgermeisterin Anne Hidalgo übernehmen.

Dass die Konservativen die Umwandlung der Strassen weiterverfolgen würden, ist äusserst fraglich. Ihr Sprecher Aurélien Véron (55) kritisierte die Bürgerbefragung als Kommunikationskampagne und Propaganda. Die Fragestellung sei demagogisch, Menschen würden für dumm verkauft. Händler, alte Menschen und sogar Rettungsdienste würden durch die Fahrverbote eingeschränkt. Und die Kosten beliefen sich auf 250 Millionen Euro. Tatsächlich hatte Bürgermeister-Vize Bloche im «Parisien» von etwa 500'000 Euro Ausgaben pro Strasse gesprochen.

Wohl tiefe Wahlbeteiligung

Anouch Toranian (33), die im Rathaus für Bürgerbeteiligung zuständig ist, hält dagegen, dass es um Raum gehe, der den Menschen zur Verfügung gestellt werde, um weniger Verschmutzung und weniger Lärmbelästigung. Ausserdem will die Stadt die Menschen stärker einbeziehen. Bereits zweimal hatte Paris seine Bewohner in Sachen Verkehrswende befragt – zum Verbot von E-Tretrollern zum Leihen und zu höheren Parkgebühren für schwere Autos.

Bei den Abstimmungen beteiligten sich nur etwa 7,5 und 6 Prozent der Wahlberechtigten. Toranian wäre jetzt schon mit einem Prozent zufrieden, sagt sie. «Wenn es einen Pariser gibt, der abstimmt, wäre das bereits ein Erfolg.»


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