Abschied vom Sozialismus?
Erdrutschsieg für Venezuelas konservative Opposition

Nach 16 Jahren sozialistischer Mehrheit in der Nationalversammlung steht Venezuela vor einer Zeitenwende: Die Opposition konnte bei der Parlamentswahl eine deutliche Mehrheit erzielen.
Publiziert: 07.12.2015 um 06:25 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 23:44 Uhr
Die Opposition feiert zusammen mit Lilian Tintori (2.v.l.), der Frau des inhaftierten Oppositionsführers Leopoldo Lopez, ihren Sieg an einer Pressekonferenz in Caracas.
Foto: Reuters/Carlos Garcia

Mindestens 99 der 167 Mandate entfielen auf die im Bündnis «Mesa de la Unidad Democrática» (MUD) vereinte konservative und sozialdemokratische Opposition, teilte die Präsidentin des nationalen Wahlrats, Tibisay Lucena, heute mit.

Der als «Oficialismo» bezeichnete Regierungsblock, bestehend aus der sozialistischen Partei und mit ihr kooperierender Parteien, erlitt eine herbe Niederlage - damit wird Präsident Nicolás Maduro auf Kompromisse angewiesen sein.

«Immer bis zum Sieg»

Präsident Nicolás Maduro in einem Wahllokal in Caracas.
Foto: AP Photo/Ariana Cubillos

Die Sozialisten eroberten lediglich 46 Mandate, allerdings fehlten noch einige Wahlbezirke. Die Wahlbeteiligung lag bei 74,25 Prozent. In Caracas jubelten die Menschen, Feuerwerk wurde gezündet.

Präsident Maduro räumte die Niederlage ein: «Wir akzeptieren das», sagte er. Die Wahl war von beiden Seiten zu einem Plebiszit über das umstrittene Sozialismusprojekt erklärt worden.

«Unser Weg ist der Frieden, unser Weg ist die Demokratie», betonte Maduro. Die Überwindung der Wirtschaftskrise sei die grösste Herausforderung. «Heute hat eine Gegenrevolution triumphiert.»

Jetzt müsse man eine neue Etappe der von Hugo Chávez eingeleiteten bolivarischen Revolution beginnen. Zum Abschied rief Maduro ein lautes «Hasta la victoria siempre» (deutsch: «Immer bis zum Sieg») in die Menge – ein Zitat des Revolutionärs Che Guevara.

Schrittweise Abkehr vom System Chávez

Die konstituierende Sitzung des neuen Parlaments ist für den 5. Januar geplant. Bis zu 200 Prozent Inflation, Mangelwirtschaft und fehlende Lebensmittel hatten die Unzufriedenheit in Venezuela in den vergangenen Monaten deutlich erhöht. Gerade untere Schichten leiden unter fast täglich teurer werdenden Lebenshaltungskosten.

Aus Angst vor einer möglichen Gewaltwelle nach der Wahl hatten die Menschen Hamsterkäufe getätigt. Das Land mit den grössten Ölreserven weltweit leidet zudem unter dem niedrigen Ölpreis, was es immer schwerer macht, die Sozialprogramme zu finanzieren.

Nachdem im November in Argentinien der konservative Mauricio Macri das Präsidentenamt erobern konnte, scheint sich mit der Wahl in Venezuela ein jüngster Trend in Südamerika fortzusetzen: Die schrittweise Abkehr von linksgerichteter Politik, die den Kontinent seit Amtsantritt von Hugo Chávez geprägt hatte. (SDA)

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