Im Brexit-Streit bröckelt jetzt zunehmend der Rückhalt für Johnson, da er mit einem neuen Gesetz Teile des gültigen Scheidungsabkommens mit der EU aushebeln will.
Johnson hätte Folgen des Deals kennen müssen
Der ehemalige britische Ex-Generalstaatsanwalt Geoffrey Cox warf Johnson vor, er beschädige das Ansehen Grossbritanniens. Die geplante Einführung des sogenannten Binnenmarktgesetzes sei unzumutbar, sagte der Tory-Abgeordnete, der der wichtigste juristische Berater der britischen Regierung war, am Montag der Zeitung «Times».
Es gibt laut Cox «keinen Zweifel» daran, dass die «unangenehmen» Folgen des Brexit-Abkommens schon bekannt gewesen seien, als Johnson es unterzeichnet habe. Der Brexiteer kündigte an, den Gesetzesentwurf bei den Abstimmungen im Parlament nicht zu unterstützen. Cox war Generalstaatsanwalt sowohl in der Amtszeit von Johnson als auch von dessen Vorgängerin Theresa May.
Abgeordnete wenden sich von Premier ab
Damit schliesst sich Cox etwa 30 Abgeordneten der regierenden Konservativen an, die Medien zufolge Johnson die Gefolgschaft verweigern. Johnson verfügt über eine Mehrheit von 80 Stimmen im Unterhaus. Auch einige frühere Regierungschefs, zuletzt am Montag David Cameron, hatten sich bereits von Johnson distanziert.
Welche Regeln will Johnson am Brexit-Deal ändern?
Der Premier will mit dem Binnenmarktgesetz den 2019 mit der EU vereinbarten Austrittsvertrag in wesentlichen Punkten ändern. Dabei geht es um Sonderregeln für das britische Nordirland, die eine harte Grenze zum EU-Staat Irland und neue Feindseligkeiten dort verhindern sollen. Das Binnenmarktgesetz wird in den nächsten Tagen im Parlament debattiert. Eine erste Abstimmung, die britische Medien als Stimmungsbarometer werteten, war noch für Montagabend geplant.
Wie reagiert die EU auf den Vorstoss Grossbritanniens?
Für die EU handelt es sich bei Johnsons Vorstoss um einen Rechtsbruch. Brüssel forderte London daher auf, bis Ende September einzulenken. Kritiker befürchten, dass das geplante Gesetz der Todesstoss für den Handelsvertrag sein könnte, der die künftigen Wirtschaftsbeziehungen neu regeln soll. Nach dem Ende der Brexit-Übergangsphase droht ohne Vertrag ein harter Bruch mit Zöllen und hohen Handelshürden. (SDA)