Abfallkrise
Neapel versinkt im Müll – weil es die Mafia will!

NEAPEL – Die Abfallkrise spitzt sich zu: Über 2000 Tonnen Müll türmen sich mittlerweile auf den Strassen. Aus Protest stecken Demonstranten Busse an und die EU droht mit Sanktionen. Doch die Mafia sagt «No».
Publiziert: 03.01.2008 um 12:25 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 09:49 Uhr

Im Zentrum von Neapel gab es flammende Proteste: Mehrere riesige Abfallhaufen wurden in Brand gesteckt, da der Abfall mangels Platz auf den Halden nicht mehr abgefahren wird und folglich auf den Strassen verrottet. Umweltpolitiker mahnten, von den Bränden könnten giftige Dämpfe entstehen.

Aufgebrachte Bürger demonstrierten auch vor einer Deponie am Stadtrand, die ihrer Ansicht nach die Gesundheit der Anwohner gefährdet. Zwar ist das Abfalllager seit zehn Tagen geschlossen, angesichts der Notlage könnte es jedoch wieder geöffnet werden.

Das wollen die Demonstranten verhindern, denn in den vergangenen Jahren seien bereits viele Menschen wegen der krebserregenden Stoffe im Abfall erkrankt. Aus Protest setzten die wütenden Bewohner einen Bus in Brand.

Die Europäische Union beobachtet die Krise in Neapel mit Sorge. «Wir überprüfen, ob Massnahmen ergriffen werden müssen», sagte ein Sprecher des EU-Umweltkommissars Stavros Dimas. Im schlimmsten Fall drohen Italien hohe Strafen sowie der Verlust von EU-Finanzierungsgeldern.

Ob diese Drohgebärden eine Wirkung zeigen werden, ist allerdings höchst zweifelhaft. Denn die Müllkrise in Neapel und der umliegenden Region Kampanien dauert schon seit Jahren an. Die bestehenden Deponien sind überfüllt, die zuständigen Gemeinden blockieren aber den Bau von neuen. Nicht, weil sie den Bedarf nicht sehen würden – sondern aus Angst vor der Mafia!

Denn die Camorra, der neapolitanische Arm der Mafia, hat ein grosses Interesse daran, dass alles so bleibt, wie es ist. Das organisierte Verbrechen habe schon vor zwei Jahrzehnten an ungenehmigten, illegalen Abfalllagern gut verdient, meinen Experten. Sie hat sich regelrecht ins Geschäft mit der Abfallbeseitigung gedrängt. Daher wird der Müll wohl auch in naher Zukunft auf die gängige Art und Weise entsorgt werden – gar nicht. (SDA/dct)

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