Ab heute im Internet zu sehen
Jetzt werden die gefälschten Hitler-Tagebücher veröffentlicht

Der Norddeutsche Rundfunk (NDR) veröffentlicht am Donnerstag die gefälschten Hitler-Tagebücher von 1983. Erstmals wird die Absicht der Tagebücher in vollen Umfang klar: Hitler von den schlimmsten Verbrechen der Nazis freizusprechen und den Holocaust zu leugnen.
Publiziert: 23.02.2023 um 11:48 Uhr
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Aktualisiert: 23.02.2023 um 16:24 Uhr
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Im April 1983 veröffentlichte der «Stern» die gefälschten Hitler-Tagebücher.
Foto: Popperfoto via Getty Images

40 Jahre ist es nun her, dass die gefälschten Hitler-Tagebücher für einen Skandal sorgten. Jetzt veröffentlicht der Norddeutsche Rundfunk (NDR) die kompletten 60 Bände der Fälschung in einer kritischen Ausgabe im Internet.

Den Text begleite zudem ein wissenschaftlicher Kommentar des Berliner Historikers Hajo Funke (78), wie der NDR am Donnerstag in Hamburg mitteilte. Erstmals werde dadurch in vollem Umfang die Absicht der Fälschung deutlich, die NS-Geschichte neu zu deuten und zu verharmlosen.

Der «Stern» hatte im April 1983 die angeblichen Tagebücher Adolf Hitlers (1889-1945) als vermeintliche Sensation veröffentlicht. Wenige Tage später stellten sie sich als Fälschung heraus. Es war einer der grössten deutschen Presseskandale.

«Diese Tagebücher sind Ausdruck von Holocaustleugnung»

Angefertigt hatte die Bücher der Kunstfälscher Konrad Kujau (1938–2000), der laut NDR-Recherchen tiefer in ein neonazistisches Umfeld verstrickt gewesen sein soll, als dies bislang bekannt war. Ein «Stern»-Reporter kaufte die Aufzeichnungen im Auftrag seines Verlags auf. Sie sollten nach und nach veröffentlicht werden.

«Diese Tagebücher sind Ausdruck von Holocaustleugnung», erklärte Funke nun. «Sie wollten Hitler von den schlimmsten Verbrechen der Nazis freisprechen.» Die zentrale Erzählung der gefälschten Tagebücher sei, dass Hitler angeblich nichts vom Holocaust wusste.

Die Historikerin Heike Görtemaker (59) erklärte, der «fiktive Hitler» der Tagebücher habe mit den «nationalsozialistischen Gewaltverbrechen» nichts zu tun. «Kujau erfindet hier eine positive Hitler-Figur.»

An zahlreichen Stellen erzählt die Fälschung demnach, wie sich ein vermeintlicher Hitler um eine wohlwollende Lösung für die Juden einsetzt. Zu einem Zeitpunkt, an dem der Holocaust längst entfesselt war, schreibt der fiktive Hitler, die Juden sollten zur schnellen Auswanderung bewegt werden – oder ihnen ein «sicherer Landstrich in den besetzten Gebieten» gesucht werden.

Holocaust-Begriffe wie «Gaskammer» fehlten vollständig

Nach NDR-Angaben konnte die Handschrift der gefälschten Tagebücher mithilfe einer künstlichen Intelligenz lesbar und recherchierbar gemacht werden. Dabei zeige sich, dass sämtliche Begriffe des Holocausts nicht vorkommen. Schlagwörter wie «Endlösung» oder «Gaskammer» fehlen vollständig.

Nach NDR-Angaben liegen die Originalbände der gefälschten Tagebücher gesperrt in einem Safe des Hamburger Verlags Gruner + Jahr. Dem NDR-Projekt liegen Kopien der Tagebücher zugrunde. Eine 2013 vom Stern zugesagte Freigabe der Originale an das Bundesarchiv sei bis heute nicht erfolgt. Die Tagebücher sollen ab dem frühen Donnerstagabend auf der NDR-Webseite zugänglich sein. (AFP)

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