Kult-Sprecher John Bercow aus Parlament verbannt
2:20
Sprecher des Unterhauses:John Bercow kündigt seinen Rücktritt an

87 Minuten Lob für John Bercow
Emotionaler Abschied vom kultigen Briten-Speaker

Der exzentrische Unterhaus-Sprecher John Bercow will am 31. Oktober zurücktreten. Auf seine Ankündigung folgten Gefühlsausbrüche im britischen Parlament – und ein kleiner Seitenhieb aus Belgien.
Publiziert: 10.09.2019 um 13:25 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2019 um 16:21 Uhr
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Der Kult-Speaker gibt sein Amt auf.
Foto: AFP
Fabienne Kinzelmann

Ab November sind die markanten Ordnungsrufe des kultigen Unterhaus-Sprechers John Bercow (56) Geschichte. Spätestens mit dem Brexit-Datum am 31. Oktober will er sein Amt aufgeben.

Die Abgeordneten zollten ihrem Parlamentspräsidenten in der Nacht auf Mittwoch mit gefühligen Nachrufen und Danksagungen Tribut. Ganze 87 Minuten widmeten sie Bercow in ihrer letzten Sitzung vor der Zwangspause. Deutlich zu lang, lästerte Brexit-Hardliner Nigel Farage (55), Ex-UKIP und Gründer der Brexit-Partei, in seiner täglichen Radioshow.

Belgiens Ex-Premier hat einen Job-Vorschlag

Belgiens liberaler Ex-Premierminister Guy Verhofstadt (66) lobte Bercow auf Twitter als «ehrgeizigen Sprecher», «talentierten Redner» und «Hüter der grossen britischen Parlamentstradition». Und erlaubte sich noch einen Seitenhieb auf die Briten, welche die EU Ende Oktober verlassen wollen: Verhofstadt sähe Bercow zu gerne in der Europäischen Kommission oder im Europäischen Parlament.

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Bercow ist bereits der 157. «Speaker of the House of Commons» – und er hat die Abgeordneten im Griff. «Ordeeer!», «Ordeeer!» – so schallte es bei den oft hitzigen Debatten des britischen Parlaments seit 2009 durch den Saal. Als Parlamentspräsident ist Bercow quasi Herr über die Debatten und Abstimmungen. Nach seinem Rücktritt bleibt Bercow ein normaler Abgeordneter der Konservativen.

Bercow drohte mit sofortigem Rücktritt

Bercows Rücktrittsankündigung am Dienstag fiel mit dem Beginn der fünfwöchigen Zwangspause des Parlaments zusammen – gegen die sich der Sprecher vehement ausgesprochen hatte. Zudem kündigte er an, umgehend zurückzutreten, sollten die Abgeordneten für die von Premierminister Boris Johnson (55) vorgeschlagenen Neuwahlen stimmen.

Die Neuwahlen fielen durch, doch die von der Queen genehmigte Zwangspause war nicht aufzuhalten. «Das ist keine normale Parlamentspause, sie ist nicht typisch, kein Standard», fand Noch-Sprecher Bercow gegen halb zwei in der Nacht deutliche Worte, mit denen er vielen Parlamentariern aus der Seele sprach.

Abgeordneter feiert Bercow als Held

Der Labour-Abgeordnete Stephen Morgan twitterte ein Foto, das Protest von Parlamentariern gegen die Zwangspause zeigte. Dazu schrieb er: «Bercow, der Held». 

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Mobbingvorwürfe gegen Bercow

Doch nicht alle sind Fans des Kult-Speakers. Kritiker werfen Bercow vor, die Neutralität seines Amts zugunsten der Brexit-Gegner zu verletzen und forderten immer wieder seinen Rücktritt. Zudem werfen ihm ehemalige Mitarbeiter systematisches Mobbing vor

Nach Bercows Rücktrittsankündigung am Dienstagnachmittag blieb der Applaus in den Reihen der regierenden Tory-Fraktion verhalten. Der ebenso scharfzüngige wie exzentrische Parlamentspräsident gehört zwar selbst zur Konservativen Partei, hatte aber mehr als einen seiner Parteikollegen in der Vergangenheit scharf zurechtgewiesen. «Mobbing» nannte das der konservative Abgeordnete Michael Fabricant (69).

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Vergangene Woche traf Bercows scharfe Zunge Vize-Premier Michael Gove (52): «Fuchteln Sie nicht rum, schimpfen Sie nicht, lassen Sie das Theater, benehmen Sie sich!», rief ihn Bercow während einer Debatte zur Ordnung. «Seien sie ein guter Junge, junger Mann – seien Sie ein guter Junge.»

Brexit-News

Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.

Am 23. Juni 2016 stimmten 51,9 Prozent der Briten für den Austritt aus der EU. Seitdem findet ein langwieriger Prozess der Kompromissfindung zwischen britischer Politik und der EU statt. Am 31. Januar 2020 treten die Briten offiziell aus der EU aus. Behalten Sie den Überblick im Brexit-Chaos mit dem Newsticker von Blick.ch.

Der Brexit-Fahrplan: Was kommt als nächstes?

Wenige Wochen vor dem geplanten EU-Austritt Grossbritanniens am 31. Oktober geht das Ringen um den Brexit in die heisse Phase. Diese Termine lassen sich absehen:

  • 24. September
    Entscheid des Supreme Courts über die Zwangspause der Parlaments.
     
  • 25. September
    Nach dem höchstrichterlichen Urteil in Grossbritannien gegen die von der Regierung verfügte fünfwöchige Zwangspause des Parlaments kommen die Abgeordneten früher wieder zusammen.
     
  • Expertengespräche Grossbritanniens mit der EU über Änderungen am Austrittsvertrag in Brüssel.
     
  • 29. September bis 2. Oktober
    Parteitag der regierenden britischen Konservativen in Manchester.
     
  • 15. Oktober
    In Luxemburg wollen die verbliebenen 27 EU-Länder auf Ministerebene über den Brexit beraten
     
  • 17. und 18. Oktober
    EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs.
     
  • 19. Oktober
    Frist im Gesetz gegen No-Deal-Brexit läuft ab. Sollte bis dahin kein Austrittsabkommen ratifiziert sein, muss der britische Premierminister eine Verschiebung des Brexits beantragen.
     
  • 31. Oktober
    Voraussichtlich letzter Tag der britischen EU-Mitgliedschaft.

(SDA)

 

Wenige Wochen vor dem geplanten EU-Austritt Grossbritanniens am 31. Oktober geht das Ringen um den Brexit in die heisse Phase. Diese Termine lassen sich absehen:

  • 24. September
    Entscheid des Supreme Courts über die Zwangspause der Parlaments.
     
  • 25. September
    Nach dem höchstrichterlichen Urteil in Grossbritannien gegen die von der Regierung verfügte fünfwöchige Zwangspause des Parlaments kommen die Abgeordneten früher wieder zusammen.
     
  • Expertengespräche Grossbritanniens mit der EU über Änderungen am Austrittsvertrag in Brüssel.
     
  • 29. September bis 2. Oktober
    Parteitag der regierenden britischen Konservativen in Manchester.
     
  • 15. Oktober
    In Luxemburg wollen die verbliebenen 27 EU-Länder auf Ministerebene über den Brexit beraten
     
  • 17. und 18. Oktober
    EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs.
     
  • 19. Oktober
    Frist im Gesetz gegen No-Deal-Brexit läuft ab. Sollte bis dahin kein Austrittsabkommen ratifiziert sein, muss der britische Premierminister eine Verschiebung des Brexits beantragen.
     
  • 31. Oktober
    Voraussichtlich letzter Tag der britischen EU-Mitgliedschaft.

(SDA)

 

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