60 Prozent rumtrödeln
Was tut Trump jeden Tag in seiner «Executive Time»?

Süsses Nichtstun oder Zeit für Kreativität? Laut einem geleakten Terminkalender sind fast zwei Drittel von Trumps Arbeitstag «Executive Time».
Publiziert: 05.02.2019 um 16:47 Uhr
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Aktualisiert: 01.12.2020 um 12:12 Uhr
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US-Präsident Trump lässt sich besonders viel «Executive Time» in den Kalender setzen.
Foto: AFP

Der mächtigste Mann der Welt hat am Morgen viel Zeit zum Frühstücken, Fernsehen und Twittern. Erst um 11 Uhr steht der erste Termin an – frühestens. Das zeigt sein privater Kalender, den die amerikanische Nachrichtenseite «Axios» am Sonntag veröffentlicht hat. Ein Mitarbeiter des Weissen Hauses liess die Zeitpläne offenbar durchsickern.

Der Kalender zeigt, dass Trump, bekannt als Frühaufsteher, ungefähr die ersten fünf Stunden des Tages mit «Executive Time» verbringt. Normalerweise steht er vor 6 Uhr auf. Insider berichten laut «Axios», dass er dann gemütlich in seinen Wohnräumen bleibt, TV schaut, Zeitung liest und auf alles reagiert, was er sieht und liest. Besonders wichtig in den Morgenstunden: die tägliche Frühstückssendung «Fox & Friends». Die Webseite «Vox» zeigte bereits vor einem Jahr auf, wie Trumps Twitter-Aktivität direkt mit dem Programm zusammenhängt.

Zwischen 8 und 11 Uhr bequemt sich Trump dann ins Büro. Zu dieser Zeit ist täglich «Location: Oval Office» eingetragen. Sein erster Termin danach ist häufig ein Treffen mit den Geheimdiensten oder mit seinem Stabschef.

Was verbirgt sich hinter der «Executive Time»?

Der geleakte Kalender umfasst den Zeitraum vom 7. November 2018 bis zum 1. Februar. In diesem Zeitraum hatte Trump insgesamt 297 Stunden «Executive Time» in seinem Büro eingetragen. Mehr als 60 Prozent seiner Arbeitstage verbringt er in nicht weiter beschriebener oder strukturierter Zeit.

Zum Vergleich: Mit Meetings zu Gesetzesvorstössen, Strategieplanung und Videoaufnahmen verbrachte er im gleichen Zeitraum nur 77 Stunden. An vielen Tagen überlagert die unstrukturierte «Executive Time» alles andere – am 18. Januar hatte Trump beispielsweise nur eine Stunde für Meetings angesetzt, dafür sieben Stunden «Executive Time».

Am Tag nach den Midterms hatte der US-Präsident 30 Minuten mit seinem Stabschef und sieben Stunden ohne feste Termine. Was er nach dem Shutdown gemacht hat, ist nicht bekannt – der Kalender endet vor Weihnachten mit dem 20. Dezember und beginnt erst am 2. Januar wieder.

Das Konzept der «Executive Time» stammt von Trumps ehemaligem Stabschef John Kelly. Der habe die freien Zeiten eingeführt, weil der US-Präsident es hasst, zu viele Termine zu haben. Ein hochrangiger Beamter des Weissen Hauses erklärt gegenüber «Axios»: «Er ruft ständig Leute an, spricht mit Leuten. Er beschäftigt sich immer mit irgendwas; es ist nur nicht das, was man eine übliche Struktur nennen würde.»

Geheim-Treffen mit rechter Webseite

Trumps öffentlicher Kalender ist beispielsweise für Journalisten online einsehbar. Die «Axios»-Dokumente zeigen darüber hinaus auch konkrete Bürozeiten und die meisten Termine. Doch auch in den geleakten Dokumenten fehlen vermutlich einige Punkte aus Trumps Tagesablauf. Anzunehmen ist, dass es jeweils noch einen detaillierteren Tagesplan gibt, der nur mit einem sehr kleinen Kreis von Vertrauten des Präsidenten geteilt wird.

Im detaillierten Tagesplan könnten ein bis zwei zusätzliche Meetings innerhalb der «Executive Time» enthalten sein, von denen Trump nicht möchte, dass sein gesamter Mitarbeiterstab davon weiss. «Axios» hat einige eher ungenaue Angaben im geleakten Kalender nachrecherchiert. Hinter einem Termin mit Medien um 16.30 Uhr am Mittwoch vergangene Woche verbarg sich laut einer gut informierten Quelle offenbar ein Interview mit dem rechtspopulistischen Nachrichtenportal «Daily Caller».

Am selben Tag traf sich Trump zudem mit dem ehemaligen Präsidentschaftskandidaten und Unternehmer Herman Cain, den er für die Leitung der Nationalbank Fed vorsieht – das Meeting war laut der Quelle in der «Executive Time» versteckt und nur im detaillierten Tagesplan ersichtlich. Zu gross ist offenbar die Angst vor Leaks: Vor einem Jahr berichtete die «New York Times» bereits über Trumps Tagesablauf. Geschichten darüber, wie viel TV der Präsident schaut und wie er ziellos durchs Weisse Haus streift, machten die Runde.

Über die nun veröffentlichen Dokumente liesse sich viel über die Atmosphäre im Weissen Haus sagen, twitterte «New York Times»-Reporterin Maggie Haberman: «Ein Angestellter im Weissen Haus benutzt die Zeitpläne wie eine Waffe, das sagt eine Menge darüber aus, welche Einstellung die Leute im Weissen Haus zu dem Mann haben, für den sie arbeiten.»

Ein Vergleich mit den Kalendern voriger Präsidenten zeigt: Trumps Tagesablauf ist einzigartig. So sahen die Tagesabläufe der ehemaligen Präsidenten aus:

Der Zeitfanatiker: George W. Bush (2001-2009)

Am wenigsten hat er laut «Axios» mit dem letzten republikanischen US-Präsidenten George W. Bush gemein. Dessen Tag war vollgepackt mit Terminen. Um 5.15 Uhr stand Bush normalerweise auf, nahm einen Kaffee mit seiner Frau Laura, las Zeitung und ging um 6.45 Uhr ins Oval Office. Ab dann war sein Tag in 10-Minuten-Einheiten durchgetaktet. Ab 8.15 Uhr stand das erste Meeting an – die Treffen starteten und endeten pünktlich. Reichte die Zeit nicht, setzte Bushs Team ein weiteres Meeting an.

In seinen Wohnräumen schaute Ex-Präsident Bush gerne Sportsendungen. Im Büro hingegen blieb der Fernseher in der Regel aus. Sport trieb er nach seinem Arbeitstag ab 17.30 oder 18.00 Uhr auf seinem Spinner. Nach dem Abendessen schaute er noch Unterlagen für die nächsten Meetings durch und lag offenbar mit einem Buch um 21 Uhr im Bett.

Die Nachteule: Barack Obama (2008-2016)

Wie auch sein Vorgänger war Barack Obama extrem diszipliniert, blieb aber oft bis am frühen Morgen wach. Ungefähr sechs Meetings hatte er am Tag, dazu kamen Treffen mit den Geheimdiensten und zur Wirtschaftslage.

Obama war normalerweise um 9 Uhr im Büro und ging zum Abendessen mit Michelle und seinen beiden Töchtern um 18 oder 18.30 Uhr. Etwa dreimal in der Woche hatte er Termine am Abend, dreimal im Monat reiste er im Inland.

Längere Zeitblocker im Kalender waren ungewöhnlich und galten normalerweise Auslandsreisen, der jährlichen Rede vor dem Kongress und ähnlichem.

Der Undisziplinierte: Bill Clinton (1993-2001)

Am ähnlichsten ist Trumps Tagesablauf laut dem Vergleich von «Axios» offenbar dem von Bill Clinton. Clinton sei laut einem Historiker vor allem am Anfang seiner Amtszeit undiszipliniert und ständig zu spät gewesen – so sehr, dass sein stellvertretender Stabschef untersuchen liess, wo der Präsident sich die ganze Zeit herumtrieb.

Clintons Tage begannen mit einem Meeting mit seinem Stabschef um 9 Uhr, anschliessend folgte das Treffen mit den Geheimdiensten. Den Tag verbrachte Clinton bis in den Abend hinein im Büro, dazu kamen häufig Veranstaltungen. Struktur gaben Clinton offenbar mehrmals am Tag feste Zeiten, um Mails und Anrufe zu beantworten.

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