Das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) ist alarmiert. «Wir geraten in eine Epoche, in der das Ausmass der globalen Flucht und Vertreibung alles davor Gewesene in den Schatten stellt», sagt UN-Flüchtlingskommissar António Guterres.
Grund für die düstere Stimmung sind neuesten Zahlen aus dem statistischen UNHCR-Jahresbericht Global Trends, der heute veröffentlicht wurde.
Demnach waren Ende 2014 insgesamt 59,5 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht – 38,2 Millionen intern Vertriebene, 19,5 Millionen Flüchtlinge ausser Landes und 1,8 Millionen Asylbewerber.
Ein Jahr zuvor waren es noch 51,2 Millionen Menschen. Die Steigerung von 2013 auf 2014, schreibt das UNHCR, war die höchste, die jemals im Laufe eines Jahres dokumentiert wurde.
Aus dem Bericht geht zudem hervor, dass im vergangenen Jahr die meisten Asylanträge – fast 275'000 – in Russland gestellt wurden. Das gigantische Reich hat aber lediglich 73'000 Flüchtlinge ins Land gelassen.
Am grosszügigsten gegenüber Vertriebenen zeigt sich die Türkei. Sie hat 1,59 Millionen Flüchtlinge aufgenommen – so viele, wie kein anderes Land auf der Welt.
Wenn man die Zahl der aufgenommenen Flüchtlinge in Relation zur Bevölkerung setzt, schwingt allerdings eine andere Nation oben aus: Der Libanon. In dem kleinen Land mit nur 4 Millionen Einwohner leben 1,15 Millionen Menschen, die aus ihrer Heimat geflohen sind.
3500 Tote im Mittelmeer
Für viele Vertriebene bleibt jedoch Mittel- und Westeuropa das Ziel ihrer Träume. Das UNHCR schätzt, dass fast 218'000 Menschen aus Afrika oder Asien alleine im vergangenen Jahr mit dem Boot übers Mittelmeer gelangten. 3500 kamen bei der Überfahrt ums Leben.
UN-Flüchtlingskommissar António Guterres sagt: «Riesige Defizite bei der Finanzierung und grosse Lücken im globalen System zum Schutz von zivilen Kriegsopfern führen dazu, dass Menschen im Stich gelassen werden, die Mitgefühl, Unterstützung und sichere Zuflucht benötigen.»
Seinen Angaben zufolge fehlen dem UNHCR dieses Jahr sieben Milliarden Dollar, um die Bedürfnisse der Flüchtlinge zu decken.
«In einer Zeit der beispiellosen Massenflucht und -vertreibung brauchen wir eine ebenso beispiellose humanitäre Unterstützung und ein erneuertes globales Bekenntnis zu Toleranz und Schutz für Menschen auf der Flucht vor Krieg und Verfolgung», sagt Guterres. (bau)