Ein Gericht in Ankara hat den Chefredaktor der englischsprachigen Zeitung «Today's Zaman» heute wegen Beleidigung des Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu 21 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt.
Das Gericht in der türkischen Hauptstadt befand Bülent Kenes schuldig, Erdogan durch einen Tweet auf strafbare Weise beleidigt zu haben. So hatte Kenes im Juli 2014 kurz vor Erdogans Wahl zum Präsidenten auf Twitter geschrieben, dessen 2011 verstorbene Mutter hätte sich ihres Sohnes geschämt, wäre sie noch am Leben.
«Glücklicherweise lebt die ehrenwerte Mutter dieses unwürdigen Mannes nicht mehr und muss nicht mit ansehen, was für einen Sohn sie hat», schrieb Kenes damals, ohne den Namen des damaligen Ministerpräsidenten Erdogan zu nennen.
Er argumentierte mit Meinungsfreiheit
Kenes hatte sich darauf bei seiner Verteidigung ebenso wie auf die in der Türkei geltende Meinungsfreiheit berufen. Das Gericht betrachtete den Eintrag dennoch als Beleidigung Erdogans und verurteilte den Journalisten zu der Bewährungsstrafe, wie «Today's Zaman» berichtet.
Die Zeitung ist die englischsprachige Version der türkischsprachigen «Zaman», die der Bewegung des in den USA lebenden Predigers Fetullah Gülen nahesteht. Der frühere Weggefährte Erdogans gilt heute als scharfer Kritiker und Feind des Präsidenten.
Medienrechtsaktivisten sehen in dem jüngsten Urteil aber vor allem eine weitere Einschränkung der Pressefreiheit in der Türkei, wo sich immer wieder Journalisten, Blogger und Künstler wegen vermeintlicher Beleidigung Erdogans oder anderer Politiker vor Gericht verantworten müssen. (SDA)