20 Jahre nach Kriegsende
Kroatien feiert, Serbien trauert

Der Bürgerkrieg zwischen Kroatien und Serbien fand heute vor 20 Jahren sein Ende. Während Kroatien jubelte, hat Serbien einen Staatstrauertag angeordnet.
Publiziert: 05.08.2015 um 16:22 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 19:39 Uhr
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Eine kroatische Soldatin saltutiert an der Militärparade in Zagreb.
Foto: Keystone

Vor 20 Jahren war der von Serben kontrollierte Teilstaat Krajina, der bis zu einem Drittel des Staatsgebietes umfasst hatte, zurückerobert worden. Dabei wurden nach unterschiedlichen Angaben zwischen 200'000 und 280'000 kroatische Serben vertrieben, die bis heute nicht zurückkehren durften. Kroatien hatte im Krieg 16'000 Tote oder bis heute Vermisste zu beklagen.

Militärparade in Kroatien

Heute begingen Kroatien und Serbien den Gedenktag - auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Kroatien feierte den Sieg mit einer grossen Militärparade – Soldaten und Militärfahrzeuge zogen in Zagreb an der Ehrentribüne vorbei, Flugzeuge überflogen den Aufmarsch, Tausende Menschen applaudierten.

Auf der alten Festung in Knin, nordöstlich der Adriastadt Sibenik, wurde zum Zeichen des Sieges vor zwei Jahrzehnten die kroatische Nationalfahne gehisst. Tausend weisse Tauben stiegen auf.

Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarovic und Regierungschef Zoran Milanovic eröffneten ein Museum für die Militäraktion «Sturm», mit der 1995 die abtrünnigen Gebiete der serbischen Minderheit zurückerobert worden waren.

Daneben wurde eine Statue des damaligen Präsidenten Franjo Tudjman eingeweiht, der als «Vater der Unabhängigkeit» nach der Loslösung von Jugoslawien 1991 gilt. «Hier wurde der Idee eines Gross-Serbien das Rückgrat gebrochen», sagte Oppositionsführer Tomislav Karamarko.

Staatstrauer in Serbien

Ganz anders die Stimmung auf der anderen Seite der Grenze. Serbien beging seine Niederlage mit einem Volkstrauertag. Alle Zeitungen erschienen in Schwarz. Unterhaltungsmusik im Radio war tabu. Regierungschef Aleksandar Vucic hatte am Vorabend von einer «ethnischen Säuberung» und einem «sinnlosen Massaker am serbischen Volk» gesprochen. Mit Blick auf die Militärparade in Zagreb sagte er: «Die Kraft unserer Tränen wird stärker sein als deren Panzer.»

Serbiens Präsident Tomislav Nikolic behauptete, dass allein Kroatien die Schuld an der Vertreibung von 250'000 Landsleuten trage. Dennoch seien «Serbien und die Serben bereit für Vergebung und Befriedung, aber das hängt nicht nur von uns ab», sagte er vor den Toren Belgrads.

Kroatiens Regierungschef Zoran Milanovic reagierte auf die teils heftige Kritik: «Kroatien hat alles unternommen, um den Krieg zu verhindern und hatte eine friedliche Lösung angeboten. Doch die wurde abgelehnt.»

Noch viel Konfliktpotential

In letzter Zeit kochten zwischen den beiden Staaten wieder Streitigkeiten um offene Grenzfragen hoch. Es gibt Kontroversen um eine Fülle von Eigentumsfragen, die Zahlung von Kriegsentschädigungen und die Rückgabe geraubter Kulturgüter. Die neue Konfrontation durch die Siegesfeiern könnte die Beziehungen zusätzlich belasten.

Im Bürgerkrieg zwischen 1991 und 1995 hatte sich die serbische Minderheit in Kroatien mit finanzieller und militärischer Unterstützung aus Belgrad von Kroatien getrennt. Die Gründung der unabhängigen serbischen Republika Krajina war die Reaktion auf die Abspaltung Kroatiens von Jugoslawien. (sda/mrb)

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