18 Männer wegen fahrlässiger Tötung angeklagt
Student (†20) stirbt bei brutalem Aufnahmeritual in Belgien

Ein 20-Jähriger bewirbt sich bei einer Studentenverbindung in der Universitätsstadt Löwen in Belgien. Doch statt neuer Freunde findet er dort den Tod. Sanda D.* wurde bei einer «Taufveranstaltung» gequält, bis seine Organe versagten.
Publiziert: 24.09.2021 um 07:47 Uhr
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Aktualisiert: 24.09.2021 um 15:38 Uhr
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Sanda D. (†20) starb nach einem brutalen Aufnahmeritual in eine Studentenverbindung in Löwen (Belgien).
Foto: Facebook

Bei einem grausamen Aufnahmeritual musste Sanda D.* Medienberichten zufolge Unmengen an Alkohol und Fischöl trinken, auf ihn wurde uriniert und er musste stundenlang in kaltem Wasser ausharren. Der Körper des jungen Manns hält die Strapazen nicht aus: Im Krankenhaus stirbt er wenig später.

18 Männer müssen sich vor dem Landgericht Hasselt unter anderem wegen fahrlässiger Tötung, unterlassener Hilfeleistung und der Verabreichung schädlicher und tödlicher Substanzen verantworten, wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft mitteilte.

Zum Auftakt der Verhandlung verständigte sich das Landgericht nun darauf, im Oktober die ersten Zeugen, Experten und Gerichtsmediziner zu hören, wie eine Sprecherin mitteilte. Mitglieder der Verbindung und ihre Anwälte werden demnach im April 2022 befragt. Belgischen Medien zufolge drohen den Angeklagten Freiheitsstrafen von bis zu 15 Jahren.

Neben der Diskussion um die Brutalität dieses Rituals hat der Fall in Belgien auch eine Debatte über Rassismus ausgelöst, weil das Opfer schwarz war und in einer elitären weissen Verbindung mitmachen wollte.

In Wassergrube draussen ausharren

Die Studentenverbindung «Reuzegom» aus der Universitätsstadt Löwen östlich von Brüssel hatte das Aufnahmeritual am 5. Dezember 2018 organisiert. Unter den Mitgliedern wurde es als «Taufveranstaltung» bezeichnet, an der neben dem 20-Jährigen auch zwei weitere Neulinge teilnahmen. Sie wollten Mitglieder der prestigeträchtigen Verbindung werden. Doch dafür mussten sie Fürchterliches über sich ergehen lassen.

Das 20-jährige Opfer musste Unmengen Alkohol trinken. Belgische Medien schreiben, dass die drei Anwärter von den älteren «Reuzegom»-Mitgliedern mehrfach angepinkelt wurden. Nachts sei der Wasserhahn im Zimmer des Opfers abgestellt worden, damit er nicht gegen seinen Alkohol-Kater antrinken konnte.

Am Tag darauf folgten weitere Strapazen: Nach Informationen der belgischen Zeitung «De Standaard» musste das Opfer bei Aussentemperaturen von sechs Grad mit seinen beiden Mitstreitern halb nackt in einer mit Wasser befüllten Grube verharren. Den jungen Männern seien dabei Fragen gestellt worden. Bei einer richtigen Antwort gab es Wasser – bei einer falschen mussten sie unappetitliche Lebensmittel verspeisen. Der 20-Jährige musste Unmengen an Fischöl trinken. Einem lebenden Aal musste er demnach den Kopf abbeissen. Die Mitglieder der Verbindung müssen sich vor Gericht daher auch wegen des Verstosses gegen das Tierschutzrecht verantworten.

Organversagen nach zwei Tagen

Der Gesundheitszustand des jungen Mannes verschlechterte sich mit den Strapazen zunehmend, wie «De Standaard» berichtet. Am Abend des zweiten Tages wurde er bewusstlos und unterkühlt ins Krankenhaus gebracht. Seine Körpertemperatur war nach Angaben der Zeitung auf 27,2 Grad gesunken – ein lebensbedrohlicher Zustand. Am 7. Dezember 2018 starb er an den Folgen der Tortur – mehrere Organe hatten versagt.

Der Fall des Studenten löste in Belgien und darüber hinaus Bestürzen und Rassismus-Diskussionen aus. Schüler hielten Mahnwachen. Die «New York Times» schrieb von einem zunehmenden Rechtsruck und rassistischen Tendenzen in der belgischen Region Flandern, in der die Verbindung beheimatet war. Später tauchten Videos, Bilder und Chat-Verläufe auf, die Mitglieder der Verbindung bei rassistischen Gesängen und Äusserungen zeigen sollen.

UN-Menschenrechtsexperten warnten 2019 in einem Bericht, dass Bürger afrikanischer Herkunft in Belgien immer noch Rassismus und Diskriminierung erlebten. Es sei bewiesen, dass dies auch in belgischen Institutionen verbreitet sei.

Die Universität in Löwen zeigte sich nach dem Tod des Studenten «tief erschüttert». Anfang 2019 leitete sie Disziplinarverfahren gegen einige Studenten ein. Sieben seien für mehrere Jahre von der Hochschule verwiesen worden, einige von ihnen für immer, teilte die Uni damals mit. Die Studentenverbindung hat sich nach dem tödlichen Ritual aufgelöst. (SDA)

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